Schmuck-Schatz-Kästchen

Es ist nicht wirklich schön, dieses Muschel-Schmuck-Schatzkästchen aus den 70ziger Jahren. Ein Mitbringsel, von ich-weiß-nicht-wem- aus irgend einem ich-weiß-nicht-wo Urlaubsort, vermutlich an der Nord- oder Ostsee.

Ich habe es geliebt und mich sehr gefreut, als ich es bei meinen Eltern wieder entdeckt habe. Erstaunlich, wie viel “Kram” in so einem kleinen Kästchen Platz hat. Den Inhalt hatte ich fast vergessen. Als ich aber das kleines Armkettchen mit den Marienkäfern und das andere mit den Plastik-Blumen sah, fiel mir sofort ein, wie sehr ich diese beiden “Schätze” gemocht habe. Sie waren sicher nicht teuer. Mir sind sie aber sehr wertvoll, denn ich erinnere mich, dass ich sie gerne getragen habe und mich dann wie eine Prinzessin fühlte. Einige Anlässe, zu denen ich sie trug, fielen mir sofort wieder ein.

Ein weiters Armkettchen (dafür hatte ich offensichtlich eine Schwäche) war mit kleinen Anhängern aus Urlaubsorten, die ich mit meinen Eltern bereist hatte, behängt. Viele schöne Erinnerungen waren damit verbunden.

Ein Schlüssel war auch in dem Schmuckkästchen. Ich habe keine Ahnung, wofür er nötig war. Vielleicht eine Spardose? Oder ein Tagebuch? Ich hatte ein dunkelgrünes, mit einem Schloss. Daran erinnere ich mich. Ich weiß nicht, wo es geblieben ist. Der Schlüssel war aber wohl mal wichtig, sonst hätte ich ihn nicht aufgehoben.

Ein Ring mit einem Schmetterling war auch noch darin. Leider fehlt ein Flügel. An ihn erinnere ich mich gut, weil ich ihn oft getragen habe, auch mit nur einem Flügel… Die Anstecknadel mit dem Herzen war nicht aus echtem Gold – aber mir ebenfalls wertvoll. Ich bekam sie (von wem eigentlich?), weil das lateinische “cor” im Deutschen “Herz” bedeutet und ich nun mal “Corinna” heiße.

Nichts davon hat einen hohen materiellen Wert. Ich weiß aber noch, dass ich jeden Abend meinen getragen Schmuck als kleines Mädchen dort hinein legte und wenn ich es nicht tat, schaute ich trotzdem jeden abend vor dem Schlafen, ob alle meine Schätze noch da waren.

Später tat ich etwas ähnliches, wenn ich nach meinem kleinen, schlafenden Sohn sah….

Jeder hat ein Schatzkästchen, in dem er etwas aufbewahrt, was ihm lieb und teuer ist. Es muss nicht einmal real sein. Ich habe auch so ein  immaterielles Schatzkästchen, das ich mit schönen Bildern und Erinnerungen befülle. Jedesmal, wenn ich in den Bergen bin, oder meine Eltern mir sagen, dass sie stolz auf mich sind, oder mein Mann mir sagt, dass er mich liebt, oder mein Sohn behauptet, dass ich die beste Mama der Welt bin, lege ich diesen Schatz in mein Schatzkästchen.

Und jeden Abend vor dem Einschlafen öffne ich es kurz, schaue die Schätze an und dann bringen sie mich zum Lächeln…

Kletterkurs

Eigentlich war es ein Geburtstagsgeschenk für meinen Mann Ralf. Man kann aber den “Schnupperkurs” – der über 2 Stunden unter Anleitung erfahrener Trainer in einer Kleingruppe stattfindet – nur zu zweit buchen. Einer klettert, der andere sichert. Das Geburtstagsgeschenk war zugegebener Maßen auch ein bisschen Eigennutz…

Ich wollte so etwas schon immer versuchen, da es bei uns (Fränkische Schweiz) eine Vielzahl von Kletter-Möglichkeiten gibt und ab Frühjahr die schroffen Felsen der Jura voller bunter, meist jüngerer und sehr durchtrainierter Kletterer sind.

Wir kamen voller Enthusiasmus in der relativ neuen Kletterhalle des Alpenvereins an und wurden mit acht weiteren Personen, darunter drei übermotivierte Teenager, von drei Trainern begrüßt. Die extrem weichen Kletterschuhe und den kompliziert anzulegenden Haltegurt hatten alle schon irgendwie angezogen. Er wurde jedoch noch einmal von den Trainern kontrolliert und ggf. nachjustiert. Das fand ich schon mal sehr gut. Denn mir Kontrollfreak ist Sicherheit extrem wichtig. Ich überlebe ja schließlich nicht eine doofe Krebserkrankung, um dann an einer Leichtsinnigkeit zu sterben…

In der großen Halle kletterten schon jede Menge cooler Profis an den 35 Meter hohen Wände mit unterschiedlichen Schweregraden. Ich war beeindruckt. Wir Anfänger wurden in eine kleinere Halle mit einer Kletterhöhe von 10 Meter Höhe gebracht. Für einen kurzen Moment war ich enttäuscht, das sollte sich aber sehr schnell ändern….

Die beiden Trainerinnen und der Trainer erklärten uns als erstes die Haltevorrichtung für die Sicherung, wie man die Karabiner einhakt (gegenläufig, um doppelt zu sichern, falls sich einer löst), festschraubt und das Sicherungsgerät justiert. Wichtig ist auch, wie man die Sicherungsleine hält, bzw. zieht. Ringe und Uhren müssen natürlich abgelegt werden.

Ich sollte als Erstes klettern, schlug Ralf vor. Vorher findet ein “Partner-Check” statt. D.h. der Partner überprüft die Gurte und den richtigen Sitz und den Verschluss der Karabiner des Anderen. Sehr beruhigend. Die Schwierigkeitsgrade sind mit unterschiedlichen Farben der Griffe markiert. 3 ist einfach, 6+ das schwerste…. Ich startete mit einer 3+ und schaffte 3/4 des Wegs und bekam eine Panikattacke, weil ich nicht weiterkam. Ich kreischte “Zug” ( d.h. die Sicherung wird noch einmal stramm gezogen) und dann “ab”, ich musste mich loslassen, mit den Füßen von der Wand abstoßen und Ralf musste langsam die Sicherungsleine lösen. Man kann nicht runtersausen, da das Sicherungsgerät einen “Panikhebel” hat.

Unten angekommen war ich sehr erleichtert. Jetzt wurde gewechselt und ich musste sichern. Das birgt natürlich sehr viel Verantwortung und man muss seinen Partner vertrauen… Einer der Trainer stand neben mir, gab mir Tips und korrigierte meine Haltung der Hände am Sicherungsseil. Ralf schaffte den ersten Aufstieg besser als ich und kam locker oben an. Als er “ab” rief, löste ich die Sicherungsleine und er kam wohlbehalten unten an.

Wir wechselten wieder und gingen an den nächsten Schwierigkeitsgrad, den ich dieses Mal deutlich besser schaffte und sogar ziemlich zügig bis ganz oben kam. Hier erreichte mein Endorphin-Spiegel seinen ersten Höhepunkt. Wieder Wechsel. Ich musste sichern. Das finde ich sehr viel stressiger. Der Trainer, dessen Frau eine der anderen Trainerinnen war, erzählte uns, dass das auch eine Art “Paartherapie” sei, weil man sich gegenseitig vertrauen muss, dem anderen seine eigenen “Lösungswege” finden lassen muss und sich “fallen lassen” muss.

Das ist ja eh schwierig für mich Kontrollfreak, aber Ralf und ich harmonierten prima. Wir hatten richtig viel Spaß, lernten viel und kamen mit etwas Muskelkater in Armen und Beinen wieder zu Hause an… aber nicht ohne vorher den Folgekurs gebucht zu haben…

Grün…

…. Ist die Hoffnung” sagt Pater Anselm, als ich ihn bei dem Interview frage, was er mit dieser Farbe assoziiert. “Und nicht, weil ich so heiße”, lacht er.

Ich hatte das große Glück Pater Anselm zu meinem neuen Buch interviewen zu dürfen und er traf sofort mit seiner Aussage ins Schwarze – nein, ins Grüne! Nicht nur, dass es meine Lieblingsfarbe ist, sondern auch, dass ich mindestens zwei meiner Bücher mit Verweisen auf die Farbe grün begonnen habe.

Hildegard von Bingen schrieb von der Heilwirkung der “Grünkraft” – der “viriditas”:…  Die grüne Lebenskraft, nicht nur als Farbe, sondern als ein Wesensmerkmal des Lebens überhaupt. Ohne Grün können wir nicht leben. Das gilt nicht nur für das biologische Grün, sondern für alle Bereiche des Lebens, bis in das Geistige und Religiöse hinein.” Sie empfahl, “ins Grüne zu schauen”, um die Augen wieder glänzend zu machen (tatsächlich erhöht die Farbe Grün den Augeninnendruck und fördert so die Produktion von Tränenflüssigkeit bzw. um zu entspannen (deshalb nutzte man früher grüne Schultafeln). Die Farbe Grün hat auch in den Weltreligionen eine besondere Bedeutung. Im Islam ist es die Farbe des Propheten Mohammed. Im Christentum die Farbe der Erneuerung. In China wird die Farbe Grün dem weiblichen Yin (dem empfangenden Prinzip) zugeordnet. Im alten Ägypten schrieb man dem grünen Halbedelstein Malachit heilende Kräfte zu, ebenso wie dem grünen Smaragd (vgl. “Zwischen Todesangst und Lebensmut”, S. 7 und 8).

Aus diesem einen einleitenden Satz entspann sich dann ein hochinteressantes und sehr lebendiges Gespräch über Hoffnung (es wird im neuen Buch nachzulesen sein) und ich hatte nicht das Gefühl ein Interview zu führen (obwohl ich mich natürlich sehr gut vorbereitet hatte), sondern eher ein tiefes, anregendes Gespräch. Die vereinbarte Zeit verging wie im Flug. Ich habe nur wenige Notizen gemacht, weil ich lieber zuhören wollte und mich ganz auf das Gesagte von Pater Anselm konzentrierte. Denn jemand wie er hat in nur einem Satz soviel zu sagen, dass man daraus schon ein ganzes Buch machen könnte.

Es war jedenfalls eine großartige Erfahrung für mich und als ich mich von Pater Anselm verabschiedet hatte, ging ich noch völlig in Gedanken den Weg durch das riesige Gelände der Münsterschwarzacher Abtei zurück zum Verlag, der sich ebenfalls auf dem Gelände befindet. Wer zufällig mal in der Nähe ist, sollte sich unbedingt einen Abstecher dorthin gönnen. Die vier Türme der Abtei sieht man schon von der Autobahnabfahrt. Der wunderschöne Buchladen verleitet zum kofferweise Wegtragen von Büchern, Eine-Welt Produkten und selbstproduziertem Schmuck. Der Klosterladen bietet eine Reihe von sehr leckeren, gesunden und selbstproduzierten Lebensmitteln (Backwaren, Wein, Käse und Wurst und viele andere Spezialitäten).

Das Gelände ist also entsprechend groß, da es viele Betriebsstätten gibt und da ich erstens noch in Gedanken versunken war und ich zweitens sowieso einen extrem schlechten Orientierungssinn habe, verlief ich mich prompt und landete vor einer Halle mit landwirtschaftlichen Geräten. Hinter mir hielt ein Trecker und der Fahrer beugte sich lachend aus dem Fenster und fragte im tiefsten, wohlklingendem Fränkisch, ob ich denn den gesuchten Weg gefunden hätte. Er hatte mich also schon länger beobachtet, wie ich etwas orientierungslos durch die Gegend lief.  ”Doo um des grrüne Dor herrrum is’ der Verlooch…”

Aha, nochmal die Farbe Grün und glücklicherweise verstehe ich durch meine mittlerweile schon jahrzehntelange Verbundenheit die wunderbare fränkische Mundart sehr gut und fand meinen Weg…