Chiemsee (Bayern)

Das Chiemgau liegt im südöstlichen Teil von Oberbayern und ist so wunderbar bayrisch, wie man es sich nur vorstellen kann. Es ist wild-romantisch (die Berge) und  harmonisch-chic (der Chiemsee). Eine ideale Kombinatition um die Seele baumeln zu lassen und Recherche für mein “pinkfarbenes Leben” zu betreiben.

Zum x-ten mal fahren wir dorthin. Es sind mindestens 750 km von zu Hause und mit (Hunde)Pausen fast 10 Stunden Fahrtzeit. Egal – der Weg lohnt sich! Man nennt die Gegend auch “Marienwinkel” und sie wird als besonders “heilsame Gegend” beschrieben. Es gibt sehr viele Marienwallfahrtskirchen und da ich ja eh pilgern wollte, fange ich doch mal mit kleinen Wallfahrten an.

Ich melde mich also für etwa 14 Tage ab und werde sicher einige Blogthemen mitbringen.

Servus

Corinna

Tag der Jogginghose

Dieser Tag wurde offensichtlich nicht von der Modebrache ausgerufen, denn von “Mode” kann man bei so einem Outfit wohl eher nicht sprechen. Dennoch befasst sich die Modebranche intensiv mit diesem Tag. Er war übrigens gestern – d.h. heute hat man keinen “offiziellen” Grund, die “verwaschene Gemütlichkeit” an der frischen Luft spazieren zu führen. Selbst der “Süddeutschen” war dieser Tag einen Artikel wert, von Amazon erhielt ich diverse Kaufvorschläge (u.a. eine pinkfarbene Jogginghose) und mein Sohn erinnerte mich mehrfach, dass es einen ” Feiertag” dafür gibt!

Bei uns heißt die Jogginghose “Schimmelhose” – man kann darin faulenzen, bis man Schimmel ansetzt. In der Tat suggeriert dieser ausgebeulter, wenig figurbetonter Schlabberlock – meistens in grau, schwarz oder dunkelblau (manchmal sind sie sogar komplett aus Plastik!) – das Gefühl ein Couchpotato zu sein.

Ich bin ein konsequenter “Schimmelhosen-Verweigerer”. Die einzige Ausnahme sind Erkrankungen – nein - nicht wegen einer modischen Geschmacksverirrung, sondern wegen irgendwelchen körperlichen Erkrankungen oder Krankenhausaufenthalte. Das ist der einzige Grund und eine absolute Ausnahme, die diesen Modefauxpas rechtfertigt.

Die jüngere Generation sieht das offensichtlich anders. In Studentenkreisen scheint es üblich zu sein auch dauerhaft den Schlabberlook zu tragen. Jedenfalls zum Einkaufen gehen und ggf. auch in der Vorlesung.

Mein Sohn hat eine Theorie entwickelt, die eine dauerhafte Tragbarkeit rechtfertigt: Durch das Tragen von Jogginghosen kann man die Welt retten!

Wie das? Er untermauerte seine steile These mit einer auf den ersten Blick etwas kuriosen Argumentationsreihe: Durch das Tragen von Jogginghosen entsteht ein gewisser “Wohlfühlfaktor” (da könnte sogar etwas Wahres dran sein). Dieses führt zu einer allgemeinen Entspannung (ok – auch noch nachvollziehbar), was zu einer friedlicheren Grundstimmung führt (hm, hier wird es schon schwierig). Wenn also alle Menschen und besonders die Entscheidungsträger eine Jogginghose tragen würden, würden sie keine kriegerischen oder sonstige negativen Entscheidungen treffen und “voila”… die Welt ist besser!

Soweit seine Theorie. Jetzt aber die alles entscheidende Frage: Wieso tragen dann die Teilnehmer z.B. des G8 Gipfels, oder die UNO Vollversammlung oder die Duma und der Bundestag keine Jogginghosen?

Fazit: “Schimmelhosen Theorie” hin oder her – die jüngere Generation sieht offenbar Verbesserungspotential an und in unserer Welt und hat die berechtigte Hoffnung, dass es (wie auch immer…) klappen könnte. Ich finde dieses hoffnungsvolle Bestreben wunderbar und werde das schlimmstenfalls sogar durch das Tragen von Jogginghosen unterstützen.

Langzeitbelichtung

… nennt man in der Fotographie eine Einstellung, die eine Belichtungszeit von mehreren Sekunden (bis mehreren Minuten) hat, um Bewegungsabläufe im technischen oder künstlerischen Bereich aufzuzeigen. Die Bilder zeigen einen Auschnitt der Zeit, den wir normalerweise nicht wahrnehmen können. Bewegungen werden dabei verwischt, sie zerfließen in der Zeit.

Jeder von uns kennt die Momente im Leben, indenen wir die Zeit anhalten wollen – den Moment bannen – und das möglichst lange. Ein romantischer Sonnenuntergang, eine besonders schöne Feier, der Applaus nach einem gut gehaltenen Vortrag, besondere Momente mit dem Partner oder der Familie.

Doch die schönen Momente sind flüchtig, wie der Duft einen Parfums. Und dennoch schwebt er lange in der Luft, oder wir erinnern uns, wenn ein ähnlicher Duft vorbei fliegt. Und die Erinnerung nimmt uns niemand. Wir können sie jederzeit abrufen und uns die Situation fast bildhaft vor Augen führen und schon geht es uns ein kleines bisschen besser.

Eine Langzeitbelichtung verwischt aber auch Dinge, bzw. Bewegungen. Das Licht eines vorbeifahrenden Autos, oder wie auf dem Foto das Wasser, das durch die Mühle geflossen ist.

Manche Bilder verwischen auch in unserer Wahrnehmung – vielleicht, weil es zu hektisch war oder ich mich nicht auf ein Detail fokussiert habe, oder eben das Gesamtbild unscharf war. Es hilft uns, wenn schlimme Ereignisse verwischt in Erinnerung bleiben und die schwierigen Zeiten nicht ganz so scharfe Konturen haben. Das macht es uns erträglicher mit Tatsachen zu leben, die wir so nicht haben wollten.

Langzeitbelichtungen werden immer mit einem Stativ gemacht, um das Motiv nicht zu verwackeln. Das Stativ fixiert die Kamera und gibt somit Sicherheit. Wie gut, wenn man einen festen Stand hat, wenn um einen herum alles zu wackeln und zu beben scheint. Aber so eine Stütze hält uns auch fest, begrenzt unsere eigene Bewegung und lässt uns keinen Freiraum. Wir sind gefangen in einer möglicherweise selbst gewählten “Statik”.

Bewegungen bannen und verwischen – das ist für eine Langzeitbelichtung nur mit einem Stativ möglich. Ich stellen mir gerade eine aufgebaute Kamera auf einem Stativ vor und finde es eine passende Metapher für mein Leben. Ich habe Stabilität und Sicherheit erfahren, nicht so schöne und schmerzhafte Ereignisse konnte ich durch eine “Langzeitbelichtung” verwischen, wann immer ich es möchte oder ich kann die besonders intensiven Momente meines bewegten Lebens bannen. Es liegt also immer an mir, welche Einstellung, bzw. Belichtungszeit ich für das Leben (und die Kamera) wähle.

Foto: Mühle, Ralf Kohröde