Brückenbau

Letzte Woche bei meiner Lesereise Richtung Koblenz, habe ich mit meinem Mann noch einen Kurzurlaub an der Mosel angehängt. Dabei stieß ich auf dieses Szenario mit einer Brücke über ein schönes Tal an der Mosel. Ich postete das Bild bei Facebook mit dem Text: “…ich glaube hier hat jemand zu früh Feierabend gemacht.”

Dieses Bild läßt mich in den letzten Tagen nicht los. Es macht mir Angst. Dabei habe ich keinen Grund! Ich hatte ein wunderschönes Wochenende mit meinem Mann, alle meine Lieben sind wohl auf und ich blicke in eine spannende Zukunft.  Aber jeder von uns kennt wohl das Gefühl, der eingeschlagene Weg ist einerseits stabil gebaut und führt sicher über das Tal, aber andererseits sieht man, dass der Weg doch nicht so richtig weiter geht, bzw. das der Abgrund erschreckend nahe ist.

Ich hatte das Glück, dieses Bild aus der sicheren Entfernung zu betrachten – auf festem Grund. Mir ist aber das Gefühl sehr vertraut, an einem Abgrund zu stehen und irgendwie zu spüren, dass ein unsichtbares Band einen genau auf die Grenze zwischen festen Boden und freiem Fall zieht.

Das Bild ist nur ein Ausschnitt. Etwas weiter entfernt stehen weitere Säulen, die den noch zu bauenden Weg tragen werden. Alles ist vorbereitet. Die Arbeiter müssen “nur” noch beginnen den Weg (Strasse) fortzusetzen und schrittweise den Abgrund über “Brücken”….

Es ist sehr schwer, weiterzugehen, wenn man nicht weiß, wie tragfähig der Weg ist, den man eingeschlagen hat.  Mein Sohn steht gerade am Ende seines Studiums und eine Richtung ist eingeschlagen –  Säulen sind vorbereitet – die ersten Schritte ins Berufsleben sind gemacht. Wie der Weg genau weitergeht ist noch nicht klar. Und es fühlt sich sicher nicht gut an, keinen sichtbaren Weg zu gehen. Aber wohnt dem Ganzen nicht auch der Zauber eines Abenteuers inne…? So ähnlich wie beim Bungee Jumping…?  Es gibt jede Menge Menschen, die genau diesen Kick suchen (ich nicht!). Sie wissen, dass nichts passiert. Sie sind gesichert und gehen auf den Abgrund zu, um sich fallen zu lassen und zu vertrauen, dass die Sicherungsleine hält. Bewundernswert!

Zurück zur noch nicht fertig gestellten Brücke: Sie führt über ein wunderschönes Weinanbaugebiete an der Mosel und es gibt natürlich diverse Bürgerinitiativen gegen diesen monumentalen Bau. Und ich finde auch, dass es trotz ökonomischer Interessen sehr viele ökologische Gründe gibt diese Brücke nicht zu bauen. Aber natürlich bin ich nicht ausreichend im Thema um das abschließend bewerten zu können.

Fazit: Mir macht das Bild nach wie vor Angst, ich werde definitiv niemals einen Bungee Sprung wagen, die schöne Landschaft wird durch den Bau zerschnitten und wegen mir könnte der Brückenbau an dieser Stelle auch so belassen werden. Ansonsten haben Brücken aber schon ihre Berechtigung.

Abflug

Vor ein paar Tagen begleitete ich Jemanden zum Flughafen – zu einem relativ kleinen, regionalen Flughafen. Ich hatte ein Navi und war auch schon ein paar mal dort und üblicherweise sind Flughäfen ja auch immer an der Autobahn gut ausgeschildert. Trotzdem fuhren wir pünktlich los, so das wir eine gute Stunde Zeitpuffer hatten und ggf. noch einen Kaffee trinken konnten. Ich nahm die richtige Autobahnabfahrt und sah nach einigen hundert Metern schon ein Flugzeug relativ nah…. – gefühlt sehr nah und tief – die Landebahn anfliegen. Unwillkürlich musste ich an “Rudolph the red nosed reindeer” und den Weihnachtsmann denken. Fehler! Vor lauter Weihnachtsdusseligkeit verpasste ich die Abzweigung zum Flughafengelände und fand mich auf der Autobahn wieder.

Nun ist es ja ziemlich unklug auf der Autobahn zu wenden! Und so musste ich die nächste Ausfahrt nehmen, die ich aber nicht nahm, da die blöde Navi-Quatsche mir einen anderen Weg vorschlug…. Um die Geschichte abzukürzen…. denn den Weg könnte ich definitiv nicht abkürzen… Ich fuhr um die ganze Stadt herum und landete 30 min später wieder an der Stelle wo ich mich in Weihnachtsträumereien verloren hatte. Es gelang mir dieses Mal die richtige Abzweigung zu nehmen, einen Platz im Parkhaus zu ergattern und “just in time” in der Abflughalle zu sein. Jetzt war natürlich keine Zeit mehr einen Kaffee mit meiner Begleitung zu trinken. Ich verabschiedete ihn zügig und entschloß mich, dann eben alleine einen Kaffee in der Flughafenhalle zu trinken.

Es war, wie gesagt ein kleiner Regionalflughafen. Dennoch hörte ich diverse Fremdsprachen und ich genoß meinen Latte in aller Ruhe und beobachtete das Treiben um mich herum. Ich kam nicht umhin, mich zu fragen, was diese Menschen wohl für ein Ziel hatten. Woher sie kamen oder wohin sie wollten. Verschiedene Ziele waren an der Abflugtafel angeschlagen und Einige davon konnte ich mir auf Anhieb auch gut vorstellen.

Ich musste grinsen und an meine Unfähigkeit die richtige Abfahrt zu nehmen, denken. Ist es nicht eigentlich egal wo wir abbiegen oder hinfliegen? IRGENDWO kommen wir doch auf jedem Fall an. Ob sich das immer so mit unseren ursprünglichen Plänen deckt, ist natürlich eine andere Frage.

Ich genieße in meiner jetzigen Lebenssituation das Privileg, nicht all zu viele Verpflichtungen zu haben und relativ frei über meine Zeit verfügen zu können. Das macht es aber nicht immer leichter, das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Wegweiser, Anzeigetafeln und ein Navi gibt es für das Leben ja nur eingeschränkt. Und selbst wenn…. Es muss uns dann ja auch gelingen, rechtzeitig abzubiegen oder in das richtige Flugzeug zu steigen – in der begründeten Hoffnung, dass der Pilot/Fahrer das Ziel finden wird.

42 Umzüge

… in ein neues Zuhause. Nein, ich nicht. Ich bin in meinem Leben bisher “nur” 11 Mal umgezogen. Meine aktuellen Schuhe mussten aus dem alten Schuhschrank ausziehen, denn er war zusammengebrochen. Nein, nicht wegen Überfüllung sondern wegen “alt”!

Warum ziehen wir um? Weil uns die alte Wohnung, das alte Zuhause nicht mehr gefällt? Weil es zu klein, zu schäbig, zu teuer, zu weit weg von… – ist?

Meine Schuhe hatten einen guten Grund umzuziehen. Und das veranlasst mich darüber nach zu denken, warum ich so oft umgezogen bin. Wurzellos? Einige Male bin ich innerhalb einer Stadt und nur wenige Strassen weiter gezogen. Einige Male auch mehrere hundert Kilometer. Im Rückblick gab es für mich dafür gute Gründe. Ich entwickelte mich weiter, fand einen neuen, interessanteren Job, die Lebenssituation veränderte sich – Kind – Familie – neuer Job des Partners usw. . Genervt hat mich eigentlich nur das Zusammenpacken. Alte Dinge in die Hand nehmen und entscheiden, ob man es mitnimmt, da läßt oder wegschmeißt. (Die Schuhe haben sich der selben Prozedur unterziehen müssen… ich habe die Gunst der Stunde zum aus sortieren genutzt!)

Was lassen wir zurück und was nehmen wir mit, wenn wir umziehen?  Ich habe oft Freunde zurück gelassen. Bei manchen ist der Kontakt dann irgendwann ganz abgerissen, manche Freundschaften haben die Distanz und die Zeit überdauert. Für die Familie/Eltern/erwachsene Kinder gilt das Gleiche, obwohl es da einfacher ist, die “Verbindungsfäden”  aufrecht zu erhalten und weiter zu knüpfen.

Jedesmal wenn ich umgezogen bin, dachte ich: “Jetzt wird alles anders, alles neu! Ich werde ein besserer Mensch –  netter, hübscher, schlanker, beliebter, intelligenter usw.” Tatsächlich bin ich die geblieben, die ich war. Gut, ich habe sicher Entwicklungsschritte gemacht, bin gereift (innen und außen) und habe sicher Einiges dazu gelernt, aber unterm Strich bin ich doch die Corinna geblieben, die an anderer Stelle Kisten gepackt hat, und Überflüssiges weggeworfen hat und doch sooo Vieles mit genommen hat. Besonders sich selber! Ist das gut? Ist das schlecht? Offen gesagt: Ich habe nicht die leiseste Ahnung!

In dem neuen Zuhause sind wir erst einmal orientierungslos. Ist der Lichtschalter in der Küche rechts oder links von der Tür? In der alten Wohnung haben wir ihn im Dunklen gefunden. Es dauert ein bisschen, bis wir angekommen sind. Unseren neuen Bäcker, Zahnarzt (!!!), Nachbarn und neue Freunde gefunden haben. Was für großartige Chancen sich da eröffnen. Alles neu entdecken – wie aufregend…!

Mittlerweile lebe ich seit fast 9 Jahren in unserem Haus. Hier habe ich Wurzeln geschlagen. So fühlt es sich jedenfalls an. Zu Haus! Ein schönes Wort. Vertraut, sicher,  geborgen. Angekommen! Oder nicht? Werde ich noch mal umziehen? Ja, einmal mindestens noch. Aber das hat offentlich noch ein bischen Zeit!