Sternenkinder

Etienne wiegt bei seiner Geburt keine 200 Gramm. Er wurde in der 19. Schwangerschaftswoche auf normalem Weg geboren und lebte noch vier Stunden. Er starb in den Händen seines Vaters Dirk, während seine Frau Natascha wegen starker Blutungen zu einer Kürettage im OP war.

Etienne ist ein Sternenkind.Das sind Kinder, die vor, während oder nach der Geburt gestorben sind. Dazu gehören auch Kinder, die durch Schwangerschaftsabbruch oder plötzlichen Kindstod ihren Weg ins Leben nicht zu Ende gehen konnten.

Diese Kinder sollen nicht namenlos bleiben und nicht, ohne offiziell existiert zu haben – das ist das Anliegen der Eltern von Etienne. Sie sollen aus der Dunkelheit des Verschweigens und Vergessens geholt werden.

Natascha und Dirk Schumacher sind deshalb nach der Geburt ihres Sohnes  vor drei Jahren aktiv geworden. Sie gründeten die Facebook-Seite “Sternenkinder-Band”, um das Trauma – ihr Kind verloren zu haben – zu verarbeiten. Dass sie damit nicht alleine sind, zeigen die vielen “Likes” und Kommentare auf ihrer Seite.

Von einer Frühgeburt spricht man im fachlichen Kontext, wenn das Kind von der 37. Schwangerschaftswoche oder mit einem Geburtsgewicht von unter 2500 Gramm geboren wird – von einer “Grenze zur Lebensfähigkeit”  spricht man bei Geburten zwischen der 23. und 25. Schwangerschaftswoche.

Das alles sind Definitionen und Zahlen, die aber nicht die Angst, Sorgen und das Leid dahinter sichtbar werden lassen. Es gibt wohl kaum schlimmeres, als ein Kind zu verlieren. Das erhoffte Leben mit einem Kind bricht wie ein Kartenhaus zusammen.

Stirbt das Kind unter der Geburt oder kommt es unerwartet zu einer Frühgeburt, ist der Schock der Eltern groß, oft geht es dann im Krankenhaus sehr hektisch zu, vor allem wenn es darum geht, das Leben der Mutter zu retten. Dennoch sollte Zeit für Trost, Zuwendung und Anteilnahme bleiben, auch dem Vater gegenüber. Unser Fokus ist berufsbedingt überwiegend auf die Patienten gerichtet. Da können die Väter schnell ins Abseits geraten. Doch auch sie erleben einen schmerzhaften Verlust und sind nicht immense stark, wie es von der Gesellschaft erwartet wird.

In einigen Krankenhäusern gibt es spezielle Kreißsäle für “stille Geburten”.  Dann wenn klar ist, dass das Kind bereits im Mutterleib verstorben ist, haben Mütter und Väter in einem separaten Kreißsaal abseits des Trubels Ruhe und Stille, um Abschied zu nehmen….

…(Vollständiger Artikel in “Die Schwester Der Pfleger 12/2015, S. 46-47)

Dieser Blog ist auch den vielen, vielen Sternenkindern gewidmet, die auf der Flucht im Mitelmeer ertrunken sind…

“Wenn du bei Nacht den Himmel anschaust, wird es dir sein, als lachten alle Sterne,

weil ich auf einem von ihnen wohne, weil ich auf einem von ihnen lache.”

Antoine de Saint-Exupéry

Bilanz

Gegen Ende des Jahres halte ich, wie die meisten anderen Menschen, Rückschau. Ich habe von einigen gehört, dass sie das vergangene Jahr als “be… scheiden”  bilanzierten. Das tut mir leid! Sicher, es war ein schwieriges Jahr, wenn wir auf die gesellschaftspolitischen Aspekte schauen. Viele Menschen auf der Flucht, tote Kinder am Strand, Terror und Angst in Paris, Amerika, Syrien, Afghanistan und Afrika….

Dennoch hoffe ich, dass es für viele auch Gutes gegeben hat. Meine  persönliche Bilanz ist definitiv auf der “Haben Seite”. Ich habe alles bekommen: Gesundheit, Liebe, Freundschaft, tolle Begegnungen, Zeit und ein Buch – mein Buch.

Der wunderbare Vier-Türme-Verlag mit tollen Menschen hat mein Manuskript im August angenommen und nun ist es im Druck und wird am 12. Januar ausgeliefert. Es steckt viel Arbeit darin. Nicht für mich, denn das schreiben ist für mich keine Arbeit sondern Lust. Aber viele Profis sind mit der Erstellung eines druckreifen Manuskriptes beschäftigt. In erster Linie die Lektorin (ich hatte die Besten der Welt), die Marketing- und Presse-Menschen (ich hatte die Besten  der Welt), der Designer, der das Cover und das “Innenleben” des Buches designt (ich hatte den Besten der Welt)  und Menschen, die Türen öffnen, im Hintergrund agieren und unzählige Dinge tun, von denen ich gar nichts weiß. Und es fängt jetzt erst richtig an…

Pressetermine, Interviews und die Planung für eine Lesereise, Vorbereitung für die Buchmese Leipzig (mit Lesung) und ein Fachkongress in Berlin. Ich werde wohl viel auf Reisen sein im nächsten Jahr und ich freue mich wahnsinnig darauf!

Und ich bin dankbar! Für die geschenkte Zeit und das ich all das erleben darf. Ich erinnere mich sehr gut an die Zeit vor drei Jahren, als ich nicht wusste, wieviel Zeit ich überhaupt noch habe…

Jetzt nehme ich mir Zeit zu Weihnachten mit all den wunderbaren Menschen aus meiner Familie und mit Freunden zu verbringen. Und deshalb melde ich mich über die Feiertage ab und wünsche allen treuen Lesern des Blogs ein gesegnetes Weihnachtsfest.

Ich werde weiterschreiben und sammele schon mal “Blogthemen”, die mir sicher jeden Tag aufs Neue begegnen werden. Auch darauf freue ich mich!

Euch allen eine gute Zeit!

Corinna

Kalenderblatt-Sprüche

In einem Anflug von Selbstreflexion ließ ich mich kürzlich dazu hinreißen festzustellen, dass ich “gelegentlich auch mal so etwas ähnliches wie Kalender-Sprüche raushaue…” Das beredte Schweigen meines Gesprächsparnters sprach Bände….

Tatsächlich verschicke ich jedes Jahr zu Weihnachten Karten und Lesezeichenkalender mit unterschiedlichen Sinnsprüchen (dieses Jahr sind es “Engel” und “Franken”). Und für die vielen Karten, die ich zu diversen Anlässen schreibe, habe ich eine “Sprüchesammlung”. Sehr hilfreich, wenn man einen Trost spenden möchte und einem die passenden Worte fehlen.

Ich selber bekam von einer lieben Freundin einen Adventskalender (Andere Advent)  mit Kurzmeditationen, Gebeten und Sprüchen. Und neulich stach mir beim morgendlichen Umblättern erstens die Farbe ins Auge und zweitens der Spruch. Treffer! Passt mal wieder perfekt, dachte ich und nahm diesen Spruch mit in meinen Alltag.

Nachmittags rief ich eine andere Freundin an und bevor ich mein Anliegen los werden konnte, sagte sie :”Du, ich habe gerade an dich gedacht. Ich habe deinen Kalender gerade im Blick und der Spruch begleitet mich schon den ganzen Tag.” Ich hatte ihr einen Anselm Grün-Adventskalender geschenkt, den ich von meinem letzten Klosterwochenende mitgebracht hatte.

Einen Tag später sitze ich mal wieder im Wartezimmer. Diesmal beim Zahnarzt, meinem “Kumpel”, der schon oft hier Thema war. Nach der Wurzelbehandlung letztes Jahr bin ich doch etwas angespannt, obwohl ich nur zur Kontrolle da bin. Um elf Uhr ist mein Termin. Nach einer geschlagenen Dreiviertel Stunde frage ich nach und die wirklich sehr nette Sprechstundenhilfe sagt: “Alles wird gut… Sie sind gleich dran.”

Genau diesen Spruch hatte ich in einem sehr viel schlimmeren Kontext auch schon mal gehört und entsprechend “angetriggert” war ich auch. Ich sagte aber lieber ausnahmsweise mal nichts, denn tatsächlich winkte sie mich gleich ins Behandlungszimmer. Die Zahnarzthelferin kam auch gleich, machte ihren Job und sagte: “Ach, Sie haben es wohl eilig… Ja, ja – Time is Money!” Sofort war ich genervt, denn erstens wurde mein Termin nicht eingehalten und zweitens bin ich überhaupt nicht der Ansicht, das “Zeit Geld ist” ( naja, für den Zahnarzt vielleicht schon…). Für mich ist Zeit ein Geschenk! Jedenfalls konnte ich nichts darauf entgegnen, denn die besagte Dame war schon eifrig damit beschäftigt in meiner Mundhöhle zu werkeln… und ich hatte “Zeit”, über all die Kalendersprüche, die ich in der jüngsten Vergangenheit gehört habe, nach zu denken…

Und klar ist ja wohl, dass es in diesem Blog legitim ist, mit einem richtigen “Kalenderspruch” zu schließen… In diesem Sinn:

“Denke immer daran, dass es nur eine wichtige Zeit gibt: Heute. Hier. Jetzt.” (Leo Tolstoi)