Allzeit bereit…

…“semper paratus“ wie der alte Lateiner sagt.

Grundsätzliche Frage: Wer ist das schon??? Fakt ist: Ich war nicht bereit…., nicht für die Pandemie mit all ihren Einschränkungen und Folgen. Ich befinde mich damit in guter Gesellschaft, denn die ganze Welt war nicht gut (genug) vorbereitet. Wie auch?

Ich schaue gerne Endzeitfilme, Apokalypse-Thriller und andere gruselige Dramen. Keine Ahnung warum. Vielleicht weil ich dann die Sicherheit genieße, das das alles eben nur ein Fiktion ist/war….

Es ist erschreckende und traurige Realität geworden, was in den Filmen dargestellt wurde. Wir haben Millionen von Toten zu beklagen. Es gibt soziale, finanzielle und zwischenmenschliche Dramen, die ich nicht mal erahne, die sich teilweise sehr nahe teilweise auf anderen Kontinenten immer noch abspielen.

Ich hatte in den letzten Tagen die Gelegenheit mit Menschen zu sprechen, die noch einmal einen ganz anderen Blick auf die Geschehnisse haben. Ein Priester und zwei LehrerInnen. Grundlage der Gespräche war die eigene Wahrnehmung auf die Pandemie, die Erlebnisse und das, was wir daraus gelernt haben. Ich habe in den Gesprächen immer wieder gesagt, dass die Pandemie wie ein Brennglas wirkt. All das, was sonst nur verdeckt ans Tageslicht kam wurde und wird offenbar. Oft die Defizite. Manchmal auch die positiven Dinge.

Mein Sohn sagt oft, das jeder in seiner eigenen „Bubble“ lebt. Und da hat er Recht. Ich nehme das wahr, womit ich mich umgebe. Wenn ich z.B. auf meine Timeline in den sozialen Medien schaue, befinden sich dort überwiegend Posts, die ich befürworte (das hat natürlich auch mit dem Algorithmus zu tun). Ich schmeiße konsequent alle Follower raus, die rassistische, homophobe, rechtsradikale oder gewaltverherrlichende Dinge posten. Und das werde ich auch weiterhin tun. Aber das schränkt natürlich meinen Blickwinkel ein, weil ich immer das höre, lese und sehe, was ich eh schon denke und empfinde. Die Frage ob ich „bereit“ bin, über meinen Horizont hinaus zu schauen, kann ich dennoch mit “ja“ beantworten (…ich versuche es). Ich entwickele eine Haltung zu gesellschaftlichen und politischen Themen, auch wenn ich Posts lösche, die nicht meinen Werten entsprechen. Ich bin bereit für einen Dialog, aber nicht bereit unreflektiert Meinungen zu übernehme und zu tolerieren.

Ich bin nicht bereit, noch mehr Tote und Langzeiterkrankte durch die Pandemie zu betrauern. Ich hoffe und wünsche, dass wir endlich zur „Normalität“ zurück kehren können. Und ich bin nicht bereit die schlechten Gepflogenheiten wieder auf zu nehmen. Wenn wir schon diese vielen furchtbaren Geschehnisse hinnehmen mussten, sollten wir alle doch zu mindestens bereit sein die durch das Brennglas sichtbar gewordenen negativen Dinge zu verändern.

“Allzeit bereit“ etwas neu zu betrachten. Gar nicht so einfach. Als ich vor ein paar Tagen in meiner Lieblingsstadt Bamberg war, um eine Freundin zu besuchen, fuhr ich durch ein Wohngebiet, das mir auch als früherer Arbeitsweg vertraut war. Alles sah für mich verändert aus. Meine Freundin begrüßte mich sehr herzlich und bat mich ins Haus. Früher betrat ich ihr Zuhause durch einen wunderschönen Garteneingang. Das ist über dreißig Jahre her. Für den Moment war ich überrascht, da meine Sichtweise verändert wurde. Es dauerte einen Moment bis ich bereit war, diese neue Perspektive zuzulassen. Wir Menschen neigen dazu, alte Perspektiven bei zu behalten. Das gibt uns Sicherheit, engt aber auch ein. Als ich bereit war, eine neue Perspektive einzunehmen, eröffnete sich mir ein neuer, schöner Horizont.

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