Angels’ Share

Gestern Abend war ich auf einem Reisevortrag eines Freundes, der schon mehrfach (mit meinem Mann) in Schottland zum Fotografieren war. Wir waren etwas unpünktlich weil wir den Eingang nicht finden konnten…. Eine gewisse Orientierungslosigkeit habe ich ja immer….

Schon im Treppenhaus dachte ich, dass es hier nicht nur nach Bohnerwachs und öffentlichem Gebäude riecht, sondern das ein anderer, mir nicht unbekannter, sehr angenehmer Duft an mir vorbei streicht. Als wir den schon abgedunkelten Raum betraten und eine gewisse Unruhe verbreiteten, weil es nicht genügend Stühle gab, nahm ich aus den Augenwinkeln wahr, dass dort drei Whiskyflaschen standen. Aha, es würde in der Pause also eine Verkostung geben. Man”n” dürfte aber auch schon während des Vortrages kosten (ich hatte allerdings Fahrdienst).

Die Vortrag war kurzweilig, humorig und mit tollen Fotos und Musik wurde ich auf die Reise durch Schottland geschickt. Der “Geruch” des Whiskys wehte mir dabei angenehm in die Nase. Ein paar Tage vorher waren mein Mann und ich “zufällig” auf einen Film gestoßen, der “Angels Share” hieß. Ein junger kleinkrimineller Mann wird zu gemeinnütziger Arbeit verurteilt und trifft dort Gleichgesinnte und seine neue Leidenschaft – den teuersten und besten Malt Whisky der Welt… Den er später auf kuriose Weise in seinen Besitz bringt….. Mehr sei hier nicht verraten… nur soviel… Ein sehr charmanter Film!

Ich kannte den Begriff  ”Angels’ Share”, der mit “Engelsanteil” oder “Schluck für die Engel” übersetzt wird, googelt aber trotzdem noch mal.  ”Share” heißt wörtlich übersetzt “Anteil” und “to share” entsprechend “teilen”. Es handelt sich also um den Anteil des Whiskys der im Laufe der Lagerung aus dem Fass verdunstet. Eine alte Legende besagt, dass Schotten am Tor zum Himmel nicht “bezahlen” müssen, da sie ihren “Eintritt” schon mit dem “Angels’ Share” beglichen haben…

Nun bezeichnet man Whisky ja auch als “Wasser des Lebens” und die unterschiedlichen Farben und Geschmacks -Nuancen habe ich ja schon in einem anderen Blog beschrieben – eine Wissenschaft für sich. Die Legende finde ich sehr schön und ich denke, viele Menschen haben ihren “Eintritt” schon auf der  Erde beglichen.

In den letzten Wochen hatte ich viele Lesungen und in der nächsten Woche ist die Letzte für dieses Jahr. Dann geht es erst im Januar weiter. Ich habe in unterschiedlichen ” Locations” gelesen – in Buchhandlungen, im Krankenhaus und in einem Museum. Im Anschluss ergaben sich immer Gespräche mit den Zuhörern, die manchmal sehr persönlich waren. Nach einer Lesung sprach mich eine Frau an, die mir irgendwie bekannt vorkam. Wir hatten, so klärte sie das Ganze auf – vor 7 oder 8 Jahren beruflich kurz miteinander zu tun. Anscheinend sagte ich damals etwas zu ihr, was ihr sehr geholfen hatte und sie bis heute begleitete. Ich konnte mich kaum an die Begebenheit erinnern, aber ihre warmen, herzlichen Dankesworte streiften mich an wie der Flügelschlag eines Engels – und so “teilte” diese Frau ihren Dank, was ich wie ein Geschenk empfand und gerade zur richtigen Zeit für mich kam – mein ganz persönlicher “Engelsanteil”.

Lachender Engel (Bamberg)

Ja,  ich glaube an Engel und ja, auch daran, dass sie lachen können. Dieser Engel, der ein bisschen aussieht wie Joschka Fischer (finde ich), steht im Bamberger Dom links vor der Chorschranke in einer Reihe mit verschiedenen Aposteln und Propheten.

Warum der Engel lächelt, soll mit dem Bischof und Märtyrer Dionysius zusammenhängen, der der Legende nach geköpft wurde und mit seinem Kopf unter dem Arm bis zu der Stelle gelaufen sein soll, wo er begraben werden wollte. Der lachende Engel habe ihm als Zeichen der himmlischen Anerkennung die Krone des Martyriums überreicht.

Mir ist diese Geschichte zu düster und zu blutig. Ich hatte, seit ich den Engel das erste Mal sah (und das ist fast 30 Jahre her), immer eine eigene Geschichte im Kopf.

Ich habe mir vorgestellt, dass der Engel über uns Menschen lacht. Nicht hämisch oder gar schadenfroh, sondern voller Fröhlichkeit, Zuversicht, Freude und Hoffnung. Er amüsiert sich über die Unfähigkeit der Menschen, ihr Leben zu leben, so wie es ist und ihre nicht genutzten Möglichkeiten etwas zu verändern, wenn sie es wirklich wollten. Er lacht voller Zuversicht, dass wir Menschen es eines Tages doch begreifen werden und freut sich auf die dann erreichten Ergebnisse. In seinem Lachen sehe ich die Hoffnung, dass wir Menschen irgendwann begreifen, dass es gut so ist, wie es ist und dass wir erkennen, dass wir nicht alleine sind. Er lacht voller Liebe und Barmherzigkeit (ich weiß, dass ist ein großes Wort) und mir öffnet sich jedesmal das Herz, wenn ich in dieses freundlich Gesicht sehe. Es ist zwar steinern, aber dennoch warm. Und ich frage mich, was für ein Mensch wohl der Künstler war, der dieses Lächeln erschuf. Kannte er jemanden, der so lächelte, der so ähnlich aussah wie dieser Engel? War er es gar selber? Und warum war er der Ansicht, dass dieser Engel an diesen Platz gehört? Wie war die Lebensgeschichte des Künstlers? Hat er eine “himmlische” Erfahrung gemacht, um so ein Kunstwerk erschaffen zu können? War er dankbar für sein Talent, oder wäre er lieber einem anderen Beruf oder Handwerk nach gegangen?

Ich werde es nie erfahren. Ich finde meine Geschichte zu dem lachenden Engel viel besser, als die kunstgeschichtliche Erklärung zu ihm (oder ihr?). Aber wie so vieles, liegt die Kunst ja immer im Auge des Betrachters.

Engel

Ich sammle schon seit vielen Jahren Engel. In allen Formen, denn ich habe von vielen Menschen einen Engel geschenkt bekommen, meistens verbunden mit guten Wünschen. Kürzlich bekam ich überraschend und unerwartet einen wunderschönen Engelkalender, der eine besondere Bedeutung für mich hatte. Engel haben jetzt natürlich Hochkonjunktur. In der Advent – und Weihnachtszeit gibt es sie auf Karten, Geschenkpapier, Tassen und als Figuren –  in Holz, Ton oder Glas.

Ich habe auch selber schon oft Engel verschenkt. Einen aus Glas an eine Freundin, die eine Prüfung hat und einen Bronzeengel, den wir auch bei Notfallseelsorge-Einsätzen verschenken. Diese Engel sind wie Handschmeichler, sehr schwer und sie werden ganz warm, wenn man sie länger in der Hand hält. So lassen sie uns spüren, dass wir nicht alleine sind. Der Schutz wird (be)greifbar.

Ich glaube, es gibt verschiedenen Arten von Engeln. Nicht immer haben sie Flügel. Sie begegnen uns in Menschengestalt, wenn jemand zur rechten Zeit das Richtige sagt oder tut. Und dann bedanken wir uns mit den Worten: “Du bist eine Engel.”

Sie sind natürlich bei uns in Gefahrensitutaionen, als Schutzengel. Gerade noch mal rechtzeitig gebremst! Nur ein blauer Fleck,  als ich auf Socken auf der Treppe ausrutschte. Sie stehen hinter uns und lassen uns nicht alleine, wenn wir in Gefahr oder Not sind. Sie stehen mit den Operateuren im OP, sitzen neben den Piloten, Zugführern und Busfahrern und stellen sich vor uns, damit wir nicht diesen Weg gehen, weil ein großer Baum genau auf die Straße fällt, die wir überqueren wollten.

Einer meiner Lieblingssprüche (und deshalb Trauspruch) heißt: “Denn er hat seinen Engeln befohlen, das sie dich behüten auf all deinen Wegen, das sie dich auf den Händen tragen und du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest.” (Ps.91, 11+12)

Engel sind Wächter – über unseren Schlaf. So sprechen wir es doch oft in Wiegenliedern und Kindergebeten… “Guten Abend, gute Nacht, von Englein bewacht….”. Und so können wir ruhig und tief schlafen und erholt aufwachen.

Engel sind Boten. Sie bringen Nachrichten zu uns Menschen. Aber manchmal ist es um uns herum so laut, dass wir sie nicht hören können. In der Weihnachtsgeschichte kommen Engel zu den Hirten, um die Geburt Jesu zu verkünden. Sie bekommen schreckliche Angst. Die Engel sagen ihnen: “Fürchtet euch nicht…” Und die Hirten tun das, was die Engel ihnen auftrugen: Sie machen sich auf den Weg, setzen sich in Bewegung zu dem Licht in der Dunkelheit.

Manchmal sind Engel auch Botschafter und Übersetzer. Da wo mir die Worte fehlen, kann ein Engel Trost und Hilfe sein. Und wenn ich nicht die richtigen Worte finde, sprechen sie für mich. Darum verschenke ich auch gerne Engel. Weil ihre Botschaft ankommt.