Schraube locker

Eine gängige Behauptung für jemanden, der vermeintlich “nicht rund läuft”, “einen an der Waffel hat” oder eben “eine Schraube locker”. Wie so vieles liegt aber auch das natürlich im Auge des  Betrachters. Denn was ist schon “normal”?

Diese, nun entfernte Schraube sollte nicht locker sein, sondern Stabilität geben. In einem gebrochenen Knochen. Sie hat nach einem Jahr ihren Zweck erfüllt und konnte entfernt werden. Jeder, der ein bisschen heimwerkert, kennt das Elend Schrauben anbringen zu müssen um etwas zu reparieren. Ich bin in so etwas nicht besonders gut, aber jedesmal glücklich, wenn ich etwas durch eine Schraube fixieren konnte, was locker war.

Aktuell habe ich die nächsten zwei Wochen abends einen (relativ) festen Termin mit Menschen, die laut Medien “eine Schraube locker” haben. Das Dschungelcamp gucke ich fast immer. Ich könnte jetzt behaupten, dass ich ausschließlich Sozialstudien betreibe, aber natürlich stimmt das nicht. Fremdschämen, Belustigung, Fassungslosigkeit, Unverständnis und die unbeantwortete Frage, warum Menschen sich so etwas antun UND wichtiger noch: warum ich MIR das antue. Aber das ist ein anderes Thema….

Die Frage bei diesen Shows ist immer, was ist echt und was gespielt. In dieser Staffel werden besonders viele “psychische Stöhrungen” thematisiert. Angststörungen, Zwänge, Depressionen, Süchte. Nichts, was es nicht gibt und wo man sich nicht (zumindestens in Ansätzen) wiederfinden könnte. Wie real diese Krankheitsbilder sind, kann ich nicht beurteilen. Aber anders als körperliche Erkrankungen sind psychische Erkrankungen oft noch  ein Tabu, ein Stigma oder werden nicht wahr-/ernstgenommen.

Bei aller Trivialität, die diese Shows bieten, könnte es aber vielleicht eine winzige Chance von “Aufklärung” oder wenigstens verstärkter Wahrnehmung geben. Auf jedem Fall wird überall davon gesprochen, wer von den Campern denn nun die “größte Schraube locker” hat.

Jeden Morgen muss ich über mich selber lachen. Nämlich dann, wenn ich meine diversen Cremes in exakt ausgerichteter Linie und Reihenfolge aufstelle, wie ich sie benutze. Oder wenn ich einen sauberen Topf aus dem Schrank hole und ihn, bevor ich ihn benutze, ausspüle, dreimal an der Türklinke rüttele, um sicher zu sein, dass die Tür auch wirklich zu ist…..usw. usw. Ich könnte die Liste fortsetzen, aber spätestens dann würde klar, dass ich einen ganzen Schraubenkasten locker habe… Wahrscheinlich befinde ich mich damit auch in guter Gesellschaft. Aber wie sagt man so schön: Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung…

Die eigentliche Funktion von Schrauben – nämlich zu stabilisieren – ist bisher noch nicht so richtig deutlich geworden. Meine “Schrauben”, die mich stabilisieren, sind meine Familie und Freunde. Sie geben mir Halt und fragen nicht nach meinen Schwächen. Sie greifen zu oder mir unter die Arme, wenn ich instabil bin. Dass sie selber dabei “locker” bleiben, finde ich gut, hilfreich und sehr angenehm, denn ich muss nichts erklären oder mich rechtfertigen. Das ist eine perfekte Konstellation!

Fazit: “Schraube locker” hat immer einen gewissen Unterhaltungswert und aktiviert die Mitmenschen gleich mit…

Sprung in der Schüssel

Klirrend fällt das Zahnputzglas in die Badkeramik und schon ist ein großer Sprung in der Schüssel zu sehen. Prima! So ein Schaden läßt sich nur mit relativ viel Aufwand beheben… Nämlich gar nicht… außer man tauscht die Keramik aus.

Was einmal kaputt ist, läßt sich nicht immer reparieren. Was einmal gesagt ist, läßt sich nicht immer zurückholen. Was einmal an Dummheit begangen wurde, läßt sich nicht immer wieder gut machen. Ich weiß wovon ich rede….

“Einen Sprung in der Schüssel haben” ist auch ein Synonym für “durchgeknallt” oder “nicht ganz richtig im Kopf”. Dazu fallen mir auf Schlag viele Begegnungen ein.

Arbeitsanfahrt über die Autobahn. Vor mir zockelt ziemlich langsam ein Auto und als ich ansetze um zu überholen, blinkt der Fahrer und fährt auf den Standstreifen und jemand wedelt mit dem Arm aus dem Fenster. Sieht nach einer Bitte um Hilfe aus. Ich schalte mein Warnblinklicht an und fahre ebenfalls auf die Standspur. Ich passe gut auf, bevor ich die Tür öffne und schnell, aber vorsichtig aussteige. Zügig jogge ich die 100 Meter zu dem anderen Auto, aus dem sich mühsam ein sehr alter Herr quält. Ich springe los und ziehe ihn hinter sein Auto, weil die Autos ungebremst in hohem Tempo an uns vorbei sausen… Und frage ihn, ob alles in Ordnung ist und ob er Hilfe braucht. Er macht auf mich einen zumindest irritierten, wenn nicht gar verunsicherten Eindruck. Ja, ja, ich könne ihm helfen. Er wisse nicht so genau wo er sich befinde, er habe sich wohl verfahren.

Jetzt bin ich ebenfalls irritiert, denn auf einer Autobahn nach dem Weg zu fragen finde ich gelinde gesagt “unorthodox”, gefährlich und ziemlich sicher – verboten. Ich kann ihm sagen, dass er nur eine Ausfaht verpasst hat, aber auch dann schnell am Ziel ist, wenn er die Nächste nimmt. Er bedankt sich und hievt sich unter Mühen wieder in sein Auto. Auf dem halben Weg zu meinem Auto laufe ich sicherheitshalbe noch mal zurück, um ihm zu erklären, dass er weiter fahren muss und hier keinesfalls wenden darf, da er sich auf einer Autobahn befindet. Er schaut mich entgeistert an und fragt mich, ob ich “einen Sprung in der Schüssel habe” … Das wisse er selbstverständlich!!!

Aha! Keineswegs beruhigt gehe ich vorsichtig zu meinem Auto zurück und warte, dass er sich ordnungsgemäß in den Verkehr einfädelt. Das gelingt ihm ohne nennenswerte Schwierigkeiten und ich bleibe hinter ihm, bis er an der nächsten Abfahrt folgerichtig abfährt. Schließlich habe ICH ja den “Sprung in der Schüssel” und nicht er…

Fazit: Manche Dinge/Sachverhalte liegen im Auge des Betrachters und nicht in der Schüssel.

Single-Socken

Das größte Mysterium dieser Welt ist wohl die immer noch ungelöste Frage: “Wohin verschwinden einzelne Socken und warum kehren sie erst dann zurück (und das nur sehr selten!), wenn man den Partnersocken nach Monaten des traurigen Wartens auf den Verschollenen, endlich weggeworfen hat? “

Viele namhafte Wissenschaftler haben intensive empirische Forschungen betrieben, um herauszufinden, was mit den einzelnen Socken geschieht. Bewiesen werden konnte bisher keine einzige Theorie. Außer meine! Und diese umfangreiche, über Jahre betriebene Beobachtung, Befragung, Erforschung und Expedition bis weit über die Grenzen unserer Galaxie hinaus (…die nie ein Mensch zuvor gesehen hat…) lieferte valide Beweise für die Existenz eines …

…jawohl! … PARALLEL-Universums! Ich weiß, ich weiß! Es ist schrecklich! Dieses Forschungsergebnis von mir ist erschütternd und sprengt jede Vorstellungskraft! Aber es ist wahr! Und wir müssen uns dieser Tatsache mutig stellen!

SIE (die einzelnen, von uns so schmerzlich vermissten Socken) führen ein autonomes, wenn auch nicht freiwilliges, schreckliches Leben, ohne ihren Kompagnon in einer anderen Galaxie!  Aber… Und das müssen wir wohlwollend berücksichtigen… Sie gingen ja nicht freiwillig! Sie wurden entführt!!!

Es ist ein Schock, ich weiß! Die Entführer konnten aber von mir identifiziert werden. Es sind …. wie könnte es anders sein…. Einfüssige Aliens! Und natürlich sind sie grün! Der Anblick ist grauenerregend und es ist mir nur sehr selten gelungen sie zu orten. Einmal allerdings habe ich sogar beobachten müssen, was sie den entführten Single-Socken antaten! Sie machten Experimente mit ihnen und der grauenvollste Anblick blieb mir nicht erspart – diese gemeinen, grünen, einfüssigen Alliens drehten die armen Entführten auf links! Ich musste mich voller Grauen abwenden, konnte ich doch die Innereien der armen gequälten Single-Socken erkennen. Und was ich erblickte hat mich tief erschüttert. Innen sind lauter “Fussel”! Die, die sonst immer zwischen den Zehen hängenbleiben und sich dort festklammern! Ich hatte ja keine Ahnung! Ich musste mich weinend abwenden, wohlwissend, dass der arme Single-Socken nicht mehr zu retten war. Mit knapper Not könnte ich mich retten, sonst wäre ich den schrecklichen Wesen ebenfalls in die Hände… äh… den Fuß gefallen.

Ich beamte mich direkt vor meine Waschmaschine zurück, die ich nun eindeutig als Tor in das Parallel-Universum identifizieren hatte. Durch dieses Tor kommen die Entführer! Und nun hier ein weiteres, erschütterndes Forschungsergebnis: ALLE Waschmaschienen dieser Welt sind “Socks-Gates” (nein, nicht Stargates…)! Und wenn wir nicht wollen, dass immer mehr einzelne Socken entführt werden, müssen wir diese Tore für immer verschließen, denn der Kampf gegen die Aliens ist aussichtslos…

… Und gegen einzelne Socke auch! Wir werden nie gewinnen…