Hurricane (Teil I)

Nein, keine Sorge! Es geht nicht schon wieder um Schuhe. Sie sollen nur ein Symbol sein, wie bunt das/mein Leben ist und wie vielfältig. Mal High Heels, mal Gummistiefel.

Letztes Wochenende war ich auf einem Gala-Ball eingeladen. Es waren 1200 internationale Gäste da, es gab eine 10 Mann-Kapelle mit 2 großartigen Sängern und eine “Las Vegas Show” mit Zauberern und Jongleuren!

Natürlich war ich entsprechend gekleidet! Und alleine die Vorbereitung hat schon sehr viel Spaß gemacht! Ich bin nämlich nicht sehr oft auf so einem Ball. Es war wirklich etwas ganz Besonderes für mich.

Ab heute ist Anreise für das Hurricane Open Air Festival in Scheeßel. Es werden ca. 75 000 Besucher erwartet. Das ist viel für einen Ort, in dem sonst nur etwa 6000 Menschen leben. Ich werde, wie letztes Jahr, wieder als Notfallseelsorgerin mit dabei sein (natürlich entsprechend gekleidet – denn es wird ein “Schlamm-Festival”, da es auf einem Acker stattfindet und die Wahrscheinlichkeit, dass es regnet, extrem hoch ist).

Ich habe 2 Nachtschichten. Es wird viel los sein, zumal da die großen “Act’s” auftreten und der Alkohol- und leider wohl auch der Drogenkonsum recht weit vorgeschritten sein dürfte. Ich hoffe, dass es keine wirklich ernsthaften “Ausfälle” gibt und die vielen, überwiegend jungen Menschen Spaß haben und hoffentlich das finden, was sie suchen. Ich unterstelle mal, dass sehr Viele einfach das Leben spüren wollen und deshalb auf diese Art von Veranstaltungen gehen. Ich kann das durchaus verstehen, denn die Stimmung und die Musik kann einen schon mitreißen, wie ich letztes Jahr selber erlebt habe. Mich persönlich würde aber auch ein Orgelkonzert von Bach mitreißen.

Da sind wir wieder bei der Ambivalenz des Lebens – es ist nie nur das Eine oder das Andere. Bei mir ist es immer Beides. Laut und leise, traurig und lustig, Berge oder Meer, Angst und Hoffnung, Klassik oder Rock, Ballkleid oder Gummistiefel. Ich liebe dieses Leben!

Star Trek

Diejenigen, die jetzt stramm auf die 50 zugehen, sind wie ich sicher mit Kapitän Kirk, Spok, Pille und Uhura aufgewachsen. Ich war und bin noch immer “fasziniert” (wie Spok sagen würde…).

Es gab die erste Staffel im TV und ich durfte sie mit meinem Vater ansehen. Mittlerweile stehen die gesamten Folgen von Raumschiff Enterprise, Star Trek – Next Generation, Deep Space Nine, Voyager  und sämtliche Kinofilme in unserem DVD Regal.

Ich bin nicht ganz sicher, was mich so begeisterte…. Vielleicht waren es “die unendlichen Weiten, die nie ein Mensch zuvor gesehen hatte”, oder die Möglichkeit, andere Lebewesen zu treffen. Immerhin waren die meisten Besatzungsmitglieder ja ganz normale Menschen. Kapitän Kirk fand ich eigentlich gar nicht so toll. Er war mir ein bisschen zu “cool”.  Pille fand ich witzig, da er im Dauerklinsch mit Spok lag, meistens unterlag, aber dennoch immer irgendwie das letzte Wort hatte. Und seinen Job als Arzt machte er ja auch gut. Es gibt übrigens wissenschaftliche Texte zu “medizinethischen Entscheidungen” auf der Enterprise… Gar nicht mal uninteressant!

Spok fand ich am besten! Er war etwas fremdartig, aber dennoch “humanoid”. Besonders seine philosophischen Einlagen gefallen mir. Und er hat es mit der Logik… : “Logik ist der Anfang aller Weisheit – aber nicht das Ende.” (Aus: “Das unentdeckte Land, 6. Film).

Das ist sehr sinnbildlich für mein Leben. Täglich treffe ich Entscheidungen nach logischen Gesichtspunkten. Aber wie farblos wäre das Leben, wenn es immer nur rational/logisch zuginge. Spannend wird es doch erst durch Überraschungen und nicht vorhersagbare Geschehnisse. Natürlich verunsichern  uns nicht logische Geschehnisse, weil wir sie nicht erklären können. Aber muss das immer unser Anspruch sein? Nun gut – eine ganze Berufsgruppe befasst sich überwiegend mit dem Versuch alles zu erklären. Wir nennen es Wissenschaft. Und wie das Wort schon sagt – wissen wir, was die Gründe für bestimmte Dinge sind, da sie eben erforscht wurden. Logisch!

Wenn ich ehrlich bin, finde ich mich in dieser Denkweise wieder. Nicht umsonst habe ich lange studiert. Und der Erkenntnisgewinn? Je mehr ich weiß und logisch erklären kann, desto mehr Fragen tun sich für mich auf. Wo ist der Anfang? Wo das Ende?

Fazit: Auch ich befinde mich auf einer Reise in ein unentdecktes Land, das nie zuvor ein Mensch gesehen hat – mein Leben.

Bistrogespräch

Im Moment höre ich offensichtlich immer Gespräche mit, die in meiner unmittelbaren Nähe geführt werden, an denen ich aber nicht unmittelbar beteiligt bin. Das könnte daran liegen, dass ich sehr neugierig bin, oder dass ich (wie viele Krankenschwestern) sehr genau beobachte.

Wie dem auch sei…. Nach meiner Rückkehr aus Regensburg ging ich abends mit meinem Mann eine Kleinigkeit essen. Bei uns in der Stadt gibt es seit etwa zwei Jahren ein Café/Bistro, an dem auch ein Laden mit einer Bäckerei, Wurst- und Käsetheke angeschlossen ist. Betrieben wird es von der Lebenshilfe. Es arbeiten dort Menschen mit Behinderungen, sowohl im Service als auch in der Küche. Und es wurden auch für den “freien Arbeitsmarkt” Stellen geschaffen. Oberhalb des Bistros sind “betreute Wohnungen”.

Der Laden und das Bistro lief von Anfang an gut. Er ist modern eingerichtet, hell und freundlich und man kann im Sommer auch draußen sitzen. Er befindet sich direkt am Markplatz. Die Karte ist nicht sehr umfangreich, aber es gibt täglich wechselnde Menüs zu moderaten Preisen, mit frischen Zutaten aus der Region.

Die Servicekräfte sind gut geschult. Manchmal muss man die ein oder andere Bestellung wiederholen, weil es nicht gleich verstanden wird. Das macht aber nichts, denn die Servicekräfte erklären dann auch, warum es bei ihnen manchmal etwas länger dauert.

So auch am Nachbartisch. Das Paar musste wohl auch noch einmal genauer sagen, was es von der Karte haben wollte, als der junge Mann (ich schätzte ihn zwischen 25 und 30 Jahren) erklärte, dass er beim Fußball spielen einen Unfall mit einer schweren Kopfverletzung hatte, und 8 Monate im Koma lag. Er habe alles neu lernen müsse. “Lesen und schreiben und so…”. Aber vorher sei er “ganz normal gewesen”, lachte er und entschwand mit der Bestellung Richtung Küche.

Ich wäre fast mit offenem Mund vom Stuhl gefallen! Dieser junge Mann hatte mit einem unfassbaren Selbstverständniss auf sein sicher nicht einfaches Schicksal geblickt, wie der weiseste Gelehrte der westlichen Hemisphäre!  Er betrachtet sein jetziges Leben mit einer Klarheit, die mich fast neidisch werden lies und sehr berührte. Vor dem Unfall war er eben “normal” und jetzt halt “anders”. So war es nun mal. Punkt.

Unglaublich! So einfach kann man sein Schicksal in zwei Sätzen zusammenfassen und  dann  lachend seiner Wege gehen. Ich habe an diesem Abend von der Begegnung mit dem  jungen Mann mehr gelernt, als aus vielen Stunden Vorlesung in Philosophie!