Sunglasses

Ich bin eigentlich kein großer Fan von Udo. Dennoch habe ich seine neue CD, die mein Mann gekauft hat, schon mehrfach im Auto gehört (gar nicht schlecht). Durch das kürzlich zu Ende gelesene Buch “Panikherz” habe ich natürlich auch einiges über ihn erfahren. Zum Beispiel, dass er einen sehr intensiven Blick hat und seine Mitmenschen schützt, indem er eben meistens eine Sonnenbrille trägt.

Das finde ich einen interessanten Aspekt.

Ich bin eigentlich auch kein großer Fan von Sonnenbrillen. Dennoch habe ich eine neue Sonnenbrille (mit Gleitsichtgläsern in meiner Sehschärfe), und ich habe sie schon mehrfach getragen. Allerdings nicht, um andere vor meinen Blicken zu schützen, wie Udo, sondern um mich – wie der Name schon sagt – vor der Sonne zu schützen. Was ich nicht bedacht hatte, war der Schutz vor den Blicken anderer…. Fühlte ich mich doch recht “unbeobachtet” von den Blicken meiner Mitmenschen. Niemand konnte sehen, wenn ich jemanden ungeniert anstarrte und betrachtete, was ja in unserer Hemisphäre als unhöflich gilt. Ich mache das aber schon ganz gerne…. Andere beobachten….

Die Sonne schien, also ein guter Grund die Sonenbrile aufzusetzen. Ich entdeckte sehr interessante Aspekte.

Gesten, Mimik, Berührungen, dass reden miteinander …. Oder das schweigen gegeneinander….

Und ich hatte das Gefühl, besser zuhören zu können, wenn ich meine Sonnenbrille auf gesetzt habe. Das ist natürlich Quatsch, ich weiß, aber wenn man sich selber nicht beobachte fühlt, kann man selber besser beobachten und somit auch besser/konzentrierter zuhören. Man könnte es auch lauschen nennen, was ja schon ein bisschen investigativ anmutet…

Ein wirklich schlechtes Gewissen hatte ich nicht. War ich mir doch relativ sicher, dass es andere Sonnebrillenträger ähnlich machten. Störend fand ich die Verdunkelung und die Verfälschung der Farben durch die Sonnenbrille. Die Buntheit meiner Umgebung und besonders der Menschen wurde von den getönten Gläsern gefiltert – meine Wahrnehmung eingeschränkt. Also “sah” ich meine beobachteten Dinge gar nicht im richtigen Licht?! Meine Eindrücke waren “gedämmt” oder gar verfälscht?!

Ich setzte meine Sonnenbrille wieder ab und die Farbexplosion lies mich heftig blinzeln. Ich sah von meinem Beobachtungsposten die ungefilterte Realität in all ihren farbenreichen Fassetten. Licht und Schatten, rot, gelb, blau, grün und alle Nuancen dazwischen. Wie schön bunt doch alles ist… und etwas leiser…

Hafengeburtstag

Ich war schon wieder auf einen Geburtstag eingeladen – den 827!!! Das toppt alle bisherigen runden Geburtstage der letzten Zeit und mir war zuerst gar nicht klar, dass es ein so “hoher” Geburtstag war. Der Hafengeburtstag in Hamburg (Landungsbrücken) findet jährlich statt und vor 6 oder 7 Jahren war ich schon einmal dort. Dieses Mal ist der Hafengeburtstag durch den Feiertag einen Tag länger und die Sonne schien von einem wolkenlosen, blauen Himmel wie bestellt.

Wir waren zu einem Firmenevent eingeladen, dass in einem ziemlich schicken Restaurant mit Panoramaterasse hoch über den Landungsbrücken statt fand. Das Gastland war dieses Jahr Ungarn und entsprechend gab es ein landestypische Buffet. Um 14 Uhr war Empfang und alle Gäste (ich natürlich auch) waren irgendwie maritim und schick gekleidet. Sekt, Wein und was das Herz sonst so begehrte und dann Smalltalk beim Essen. Interessant, was man da alles so hört. Überwiegend Wirtschaftsbosse mit ihren Frauen, die Kontakte pflegten und – wie könnte es anders sein – von Schiffsreisen erzählten. Zum Glück gab es wenig “Bussines-Talk”.

Um 16 Uhr liefen die Schiffe in einer Parade ein und von der Pannoramaterasse hatten wir einen unverstellten, spektakulären Blick auf die einziehenden Schiffe. MIR, Padua, Alexander von Humboldt, Cap San Diego, Rick Rickmersen…. Alte Bekannte! Viele davon hatte ich letztes Jahr auf der Sail gesehen und besucht. Zu den jeweiligen Schiffen erklärte der Sprecher einiges und bei den großen Schifen wurde die Nationalhymne des Landes gespielt….. Großes Kino!

Der krönende Abschluss des Tages war eine Hafenrundfahrt mit einer eigens für uns gecharterten Barkasse, so das wir alle Schiffe auch von der “Seeseite” sehen konnten. Gelogen, denn auf See waren wir ja nicht wirklich, sondern auf der Elbe. Es schaukelte trotzdem nicht schlecht, denn der Hafen hat einen Tiedenhub bei Normalwasser von 3 Metern, lernte ich. Erst war mir ein bisschen mulmig, aber dann hätte es ruhig noch mehr/meer schaukeln können.

Tatsächlich war die Perspektive von der Barkasse eine völlig andere, denn die Schiffe erschienen jetzt riiiiesig, wenn man dicht unter ihnen vorbeifährt. Gerade zu gigantisch die “Caribbean Princes ” ein Kreuzfahrtschiff, das auch angelegt hatte. 3500 Passagiere finden darauf Platz. Die “AIDAPRIMA” war noch nicht da; sie würde eine Tag später hier “getauft” werden. Der Blick auf die alte Speicherstadt und dann auf die hypermoderne, neue Hafen City (derzeit Europas größtes Stadtebauprojekt) waren atemberaubend und die Elbphilamonie krönte das Ganze. Utopia….

Zurück ging es über die Dockanlagen, die Raffinerien (nicht schön!) und an einem chinesischen Superfrachter mit 13 000 Containern vorbei ….. Respekteinflößend! Besonders wenn man SEHR dicht unter dem Bug entlang fährt. Zum Anlegeplatz zurück mussten wir einen Umweg fahren, da die Wasserschutzpolizei einen Teil der Elbe wegen einer Wasserski-Show gesperrt hatte. Ebenfalls spektakulär!

An der Anlegestelle wurden wir von der  ”Schiffsführerin” verabschiedet. “Kapitänin” heißt es nur, wenn man/Frau zur See gefahren ist….

Fazit: spektakulär, gigantisch, sonnig, schön, beeindruckend, utopisch, alt und neu, schicki-micki, nett, hanseatisch….. Ich freue mich auf meine fränkischen Berge!

Schach matt

Die Blume auf dem Foto zeigt eine Schachbrettblume. Ein begehrtes Fotomotiv, blüht sie doch nur zu einer bestimmten Zeit in bestimmten Regionen (meines Wissens nur hier im Norden und in Franken).

Ich habe zwei davon in ein Beet gepflanzt und die lila Variante zeigt das typische Schachbrettmuster deutlicher als die weiße Blüte. Die Blumen veranlassten mich, ein schon altes, oft gelesenes, dünnes Buch aus meinem “Klassiker-Regal” zu holen: Stefan Zweig, Schachnovelle.

Nun gehöre ich leider zu den Menschen, die kein Schach spielen können. Ich kenne die Regeln nicht. Mein Mann und mein Sohn spielten früher öfter einmal gegeneinander  ”das königliche Spiel – das Spiel der Spiele” und es fazinierte mich. Aber ich sah, wenn überhaupt, nur zu.

Ein Schachbrett besteht bekanntlich aus 64 Feldern in schwarz und weiß. Analog dazu gibt es je 16 Figuren. Dame, König, Turm, Bauern, Pferd. Das Spiel ist durch das Brett geometrisch begrenzt, aber es bietet unendliche Kombinationsmöglichkeiten an Zügen. Es ist eine Kunst zu spielen und doch eine (mathematische) Wissenschaft. Es gibt schwarz und weiß – und nichts dazwischen, außer leere Felder. Der Spieler steht auf der einen oder der anderen Seite.

In Zweigs Novelle geht es u.a. um einen Mann, der in der Isolationshaft der NS versucht, nicht seinen Verstand zu verlieren, in dem er ein Buch mit 150 Weltmeister-Schachspielen stiehlt. Erst spielt er sie mit Hilfe des karierten Bettlakens und Brotkrumen nach, später kann er in Gedanken spielen. Irgendwann konstruiert er dann neue, eigen Spiele und spielt “gedanklich gegen sich selbst”. Er ist schwarz und er ist weiß. Mich beeindruckte die Ausage der Novelle, das sich der Geist auch durch Gefängnis und Isolation nicht einsperren läst… “Die Gedanken sind frei….”.

Doch hier endet die Novelle nicht. Er verliert seinen Verstand, da er sich in einer selbstgewählten Schizophrenie befindet…. (mehr verrate ich nicht! Es lohnt sich die knapp 100 Seiten selber zu lesen). Also ist der Geist doch nicht frei? Können wir beides sein? Schwarz oder weiß? Er wechselte gedanklich für die Spielzüge auch die Seiten, denn beim Schach sitzt man sich üblicherweise gegenüber. Wie schwer fällt es mir, mich mal auf eine andere Seite zu begeben – mal eine andere Perspektive einzunehmen (siehe Blog Disney Model)… Und wie gerne behalte ich die einmal gewählte Frabe – schwarz oder weiß – bei.

Manche Dinge in meinem pinkfarbenen Leben verstehe ich nicht, manche Streits sind für mich nicht nachvollziehbar, ebensowenig wie manche Aussagen. Sie verletzen oder tun weh. Und so gehen Freundschaften verloren. Im Schachspiel werden “Kriegsvokabeln” verwendet. Es geht um “gewinnen” oder “verlieren”, um “Angriff” und “Verteidigung” es geht darum sich zu “schützen” um nicht “geschlagen” zu werden. Dabei “fallen” dann schon mal “Bauernopfer”. Bestenfalls gibt es ein “Remis” – ein “unentschieden”…

Der Protagonist in Zweigs Novelle ist allein (in seiner Haft und später in seinem Wahnsinn). Ein Spieler beim Schach ebenfalls, egal ob er gewinnt oder verliert. Und wenn eine Freundschaft zu Ende geht ist es sowieso egal, denn dann verlieren beide Spieler – schwarz und weiß – und sind  ”Schach matt”.