Verkleidung

Zum Fasching, den man bei uns hier in Niedersachsen eigentlich nur sehr eingeschränkt feiert, war ich zu einer Geburtstagsparty mit Verkleidung am Faschingswochenende eingeladen. Auf der Einladung war das Motto mit „20ziger Jahre“ vorgegeben. Das fand ich schon mal sehr erleichternd, da es meine Schwierigkeiten kreativ sein zu müssen deutlich minimierte.

Erfolgreich recherchierte ich und fand natürlich eine Vielzahl von Vorschlägen. Schnell entschied ich mich für das türkisfarbene Kleid und suchte diverse Accessoires dazu im Internet. Federboa, Perlenkette, Stirnband, Zigarettenspitze und lange Handschuhe waren dann auch schnell gefunden.

Ich freute mich sehr auf die Party, da ich viel Spaß an Verkleidungen habe, die Freundin eine exzellente Gastgeberin ist, ich viele Freunde und Bekannte treffen würde und sicher viel getanzt würde. Eine Party ganz nach meinem Geschmack!

Natürlich hatte ich die Vorstellung ein besonders ausgefallenes Kostüm gefunden zu haben, aber tatsächlich trugen die meisten Frauen ein ähnliches Kleid wie ich… überwiegend in schwarz, gold und mit viel Glitzer.

Ok! Soweit so gut. Die Herren kamen zumeist im Frack, mit Hosenträgern und/oder mit  einer “Schiebermütze“… Auch hier keine allzugroßen Varianten. Aber so ist das eben bei einer „Mottoparty“.

Den „Vogel abgeschossen“ hat mit Abstand eine sehr gute Freundin. Sie war als Charlie Chaplin verkleidet! Das Gesicht sehr weiß geschminkt, mit Perücke und typischem Hut, aufgeklebtem Schnäutzer, Spazierstock und übergroßem Jacket erkannte ich sie nur an der Stimme! Sie imitierte den typischen Gang von Charlie einfach genial!

Die Party war wie erwartet super! Laut, lustig, gutes Essen, reichlich passende Getränke, gute Gespräche und viel Tanzerei. Um Mitternacht wurde der Geburtstagskuchen mit Kerzen von der Familie herein getragen und wir alle sagen ein Geburtstagsständchen.

Sehr spät, beziehungsweise früh auf dem Nachhauseweg überlegte ich, was das nun mit dem Verkleiden auf sich hat und warum ich so viel Spaß daran habe. Für eine kurze Zeit kann ich jemand ganz anderes sein – sprichwörtlich in eine fremde „Haut“ schlüpfen, kann Geschlecht, Haarfarbe, die Zeit und die Figur wechseln. Ich kann watscheln wie Charlie Chaplin, stolzieren wie eine Diva, herumhüpfen wie eine Verrückte oder schreiten wie ein Fürst.

Mir wurde bewusst, da wir ja fast alle eine ähnliche Verkleidung/Kleid gewählt hatten, dass es eigentlich gar keine Verkleidung mehr war… mit Ausnahme von Charlie Chaplin…

Zu Hause vorm Spiegel wusch ich mir die Schminke vom Gesicht und musste lachen, als ich mein Spiegelbild sah. Gar nicht so schlecht sich selber wieder zu treffen. Für eine kurze Zeit bin ich gerne in eine andere Rolle geschlüpft, aber am wohlsten fühle ich mich doch in meiner eigenen „Haut“.