Der Klosterhof wird pink….

… titelt die tolle Pressechefin “meines” Vier-Türme Verlages auf der Hompage nach meiner Lesung. Na, wenn das keine “krachige” Überschrift ist.

Letzte Woche war ich auf Lesereise in meiner Wahlheimat Franken. Dienstags durfte ich im historischen Pfarrkeller (17. Jahrhundert) bei meinem Freund Martin, der in Forchheim Regionaldekan ist, lesen. Der spektakuläre Raum war schon sehr gut gefüllt, als ich nochmal zu meinem Mann an den Platz ging, um ihn meinen Krempel (Tasche, Schal usw.) anzuvertrauen. Hinter mir befand sich die Treppe (wir waren ja im Keller), als ich einem Impuls folgte, mich umdrehteund diese hinauf sah. Mir blieb fast das Herz vor Freude stehen, als ich die Frau auf der Treppe erkannte. Eine gute Freundin aus Bamberger Zeiten, die ich seit 16 Jahren nicht mehr gesehen hatte. Lachend und weinend fielen wir uns in die Arme und wollten gar nicht mehr loslassen. Was für eine tolle Überraschung! Mit verwischter Wimperntusche aber einem reich gefüllten Herz voller Freude begann ich zu lesen. Hinterher hatten wir noch Gelegenheit kurz zu plaudern um mit dem sicheren Versprechen auseinander zu gehen, uns bei allernächster Gelegenheit zu treffen.

Der Tag danach, Mittwoch, war die Lesung in Münscterschwarzach im Klosterhof, wo sich die wunderschöne, neue Buchhandlung befindet. Hier werde ich ebenfalls herzlich in Empfang genommen und wieder füllt sich der Raum. Mich freuten zwei Dinge ganz besonders: Wieder kommt eine liebe Freundin und hat über eine Stunde Fahrtzeit auf sich genommen, um mich lesen zu hören. Dabei kennt sie mein Buch, denn sie kommt einige Male darin vor. Die zweite große Freude: Die Pressesprecherin und der Verlagsleiter, Pater Linus sind auch da. Welch eine Ehre! Insgesamt sind sechs oder sieben der Bennediktiner Mönche da, die sich auch nach der Lesung auf ein kurzes Geplauder mit mir einlassen.

Im “Vorspann” habe ich erwähnt, dass ich Protestantin bin, und promt fragt mich einer der Brüder nach meinem Konfirmationsspruch….. Ich laufe hellrosa (nicht pink) an und stottere, dass ich den tatsächlich gar nicht weiß. Er lacht zum Glück und ich nehme mir fest vor, zu Hause sofort nach zu sehen, wie er denn lautet. Bei dieser Lesung ergibt sich eine relativ lange und intensive Frage- und Austauschrunde. Das genieße ich sehr, erzählen doch viele von ihren Erlebnissen und Erkenntnissen mit Gott. Beim signieren höre ich sehr persönliche Geschichten und freue mich über das mir entgegengebrachte Vertrauen.

Insgesamt habe ich nun schon 8 Lesungen hinter mir und mindestens genau so viele vor mir. Eine Routine stellt sich zum Glück nicht ein, denn jede Lesung ist anders. Abhängig von den Räumlichkeiten, den Gastgebern und natürlich dem Publikum. Und alle waren wunderbar auf ihre eigene Weise. Welch ein Geschenk! Ich werde auch in Zukunft dem Publikum nicht verraten, dass es für mich mindestens genau so neu, interessant und unerwartet ist, wie hoffentlich auch für sie.

Leipziger Buchmesse oder: Die pinkfarbene Lady

… aus Leipzig ist 86 Jahre alt und Buchhändlerin gewesen, wie sie mir später erzählt.

Sie wird von einem jungen Mann im weißen Kittel in den wunderschönen Andachtsraum des Diakonissenkrankenhauses geschoben, in dem ich meine zweite Lesung des Tages halten darf.

Sie sitzt in ihrem Rollstuhl wie eine Königin und trägt einen pinkfarbenen Bademantel, der schon bessere Tage gesehen hat. Die grüne Braunüle (Infusionsnadel) auf ihrem rechten Handrücken trägt sie wie ein Schmuckstück und eine sehr würdevolle, freundliche Aura umgibt die kleine, aber aufrechten Lady.

Während ich lese werfe ich ihr gelegentlich einen Blick zu und sie lauscht sehr aufmerksam und ihre wachen Augen mustern mich interessiert. Gelegentlich schmunzelt sie.

Nach der Lesung entspinnt sich ein Gespräch zwischen dem theologischen Direktor des Hauses, “meiner” Marketing Chefin (des Verlags), der pinkfarbenen Lady und mir. Sie erzählt von Büchern, wie die Leipziger Buchmesse entstanden ist, und kennt sich auch erstaunlich gut in der aktuellen “Szene” aus. Wir stehen um ihren Rollstuhl herum und sie muss zu uns aufblicken, was natürlich unglücklich ist. Das scheint sie aber gar nicht zu stöhren, plaudert sie doch sehr leb – und bildhaft über alles Mögliche. Sie genießt es sichtlich und ich freue mich, diese Lady kennen gelernt zu haben.

Am nächsten Tag auf der Buchmesse stürze ich mich ins sprichwörtliche “Getümmel” und lasse mich von Stand zu Stand treiben, ohne Plan und Ziel. Erfahrungsgemäß kann ich so die meisten schönen Begegnungen sammeln. In der messeeigenen Buchhandlung stoße ich auf die riesige Buchpyramide des Preisträgers (“Frohberg”) und blättere etwas unentschlossen in dem 1000 Seiten starken Buch. Ich liebe dicke Bücher, aber ich lege es dennoch weg. Ich möchte noch andere Bücher anlesen… Die ganzen “hippen” (Pop)-Literaten wie Stuckard-Barre und Ronja von Rönne stehen auf meiner gedanklichen Liste. Ich kontaktiere einen netten jungen Mann mit grünem T-Shirt, der für die vielen Fragen der potentiellen Käufer zuständig ist und frage nach Ronja von Rönne. Ein letzte Exemplar ist noch da. Ich blättere und entschließe mich, es mit zu nehmen, als ein anderer junger Mann nach eben genau diesem Buch fragt. Der grüne T-Shirt Mann deutet auf mich und sagt: “Die Dame (aua!!!) hat gerade das Letzte genommen.” Bedauernd blickt mich der Interessent an und erzählt, dass er eben bei der tollen Lesung von ihr war und ganz begeistert von ihrem Buch ist… (die Autorin ist eine hübsche, junge Frau, ohne Zweifel!). In einem Überschwang von Großherzigkeit übergebe ich ihm das Buch, um mich gleich darauf zu ärgern, denn das andere Buch, was ich wollte ist ebenfalls nicht mehr da.

Und irgendwie muss ich plötzlich an die pinkfarbene Lady von gestern denke und mir wird bewusst, dass ich die beiden Bücher natürlich auch ein andermal kaufen kann… und möglichst “würdevoll” verlasse ich den Kaufbereich….

Fazit: Supertolle Buchmesse, sehr schöne Begegnungen und etwas über Würde, wieder abgeben und mich selbst gelernt…

Gedanke einer pinkfarbenen literarischen Gestalt

Auf unserem Küchentisch liegt das Buch unserer Freundin Corinna. Sie hat es vorbeigebracht, voller Freude darüber, dass es endlich erschienen ist.

Wir – Ulrike und ich – haben uns mit ihr gefreut. War dieses Buch doch ein Thema, das in ihrem Leben in den letzten Monaten eine große Rolle gespielt hat. Ich nehme es in die Hand – betrachte das Coverfoto mit den nackten Füßen neben den pinkfarbenen Highheels.
Ob das wohl Corinnas Füße sind, oder ist das Foto nur ein cleveres Marketingprodukt?
Das muss ich Corinna einmal fragen

Ich beginne zu blättern – irgendwo (so hat Corinna gesagt) – würde ich auch vorkommen. Eine gespannte Neugier durchfließt mich. Ich beginne, interessierter zu blättern, zu stöbern und zu lesen. Dann werde ich auf verschiedenen Seiten fündig. Ein eigenartig triumphierendes Gefühl ergreift mich, wenn ich meinen Namen auf den Seiten entdecke. Es ist völlig anders als sonst, wenn ich meinen Namen irgendwo geschrieben sehe. Es hat nichts von der sonstigen nüchternen Sachlichkeit, die einer Namensnennung oft inne wohnt. Selbst mein Name mit Foto unter Fachartikeln erzeugt nicht einmal annähernd ein vergleichbar schönes warmes Gefühl.„Woran liegt das?“, überlege ich. Dieses Gefühl ist eben gar nicht sachlich, sondern mein Name zwischen Corinnas Zeilen verursacht ein äußerst wohliges, intim vertrautes „Wir-Gefühl“.Auf diesen Seiten bin ich eben keine Sache, keine Person des öffentlichen Lebens, sondern Freund, Weggefährte und werde zur literarischen Figur in der Handlung. Viele Menschen werden plötzlich über mich lesen – auch manche, die mich kennen – werden sie mich hierin wiedererkennen? Andere, die mich nicht kennen, werden sie das Gefühl bekommen, mich ein bisschen zu kennen? Würden sie sich jemanden wie mich auch für ihr Leben wünschen?

Warum haben Geschichten, in denen man vorkommt, eine solche besondere Wirkung? Es liegt wohl daran, dass wir Menschen Spuren im Leben hinterlassen wollen. Je dauerhafter und unvergänglicher diese Spuren sind umso erhebender sind die Gefühle in uns. Mancher malt deshalb Bilder, baut Häuser oder sonstige Denkmäler. Bücher nehmen in der Kulturgeschichte hierbei eine besondere Rolle ein. Schon vor der Erfindung des Buchdruckes wurden die – oft in Klöstern – handschriftlich vervielfältigten Schriften zum zentralen – die Jahrhunderte überdauernden Bindeglied zwischen den Generationen. Auch wenn E-Books manchmal das klassische Buch zu verdrängen scheinen, sie liefern weder haptisch noch in ihrer sachlichen Nüchternheit eine vergleichbare Leseerfahrung. Die Spannung, die bei einen fesselnden Buch allein dem Akt des Umblätterns innewohnt, wird einem als E-Book-Leser wohl ewig verwehrt sein. Im Buch muss auch ich meinen Namen suchen und es daher händisch erfahren und begreifen. Im elektronischen Werk würde ich nach meinem Namen suchen lassen und erfahren, dass es x Treffer gibt.

Ich muss an meinen Besuch in der Bibliothek der Franckeschen Stiftungen in Halle/Saale denken. Hier lagern im barocken, original erhaltenen Kulissen-Magazinsaal etwa 120.000 alte Drucke in vielen Sprachen. Dort zu stehen, nimmt einen gefangen; man kann die Spannung der dort verewigten Schriften körperlich spüren. Wie gerne hätte ich – voller Ehrfurcht – in den alten Büchern geblättert und gelesen.

Jedem Buch wohnt etwas von dieser Unvergänglichkeit inne, auch Corinnas pinkfarbenen Geschichten. Wenn ich bedenke, dass vielleicht in hunderten von Jahren noch Menschen diese Zeilen lesen werden, dann spüre ich, dass ich ein Teil dieser Unvergänglichkeit werde. Hier ist nun auch meine Spur in einem Stück Ewigkeit.

Danke Corinna!!