Rainer Maria Rike und ich im Kloster

…wie vermessen, einen der größten “deutschsprachigen Dichter” und mich in einem Atemzug zu nennen. Er wurde übrigens in Prag geboren und war wohl eher ein Cosmopolit…

Wie dem auch sei, er war jedenfalls gefühlt mit fast 30 Anderen und mir in dem Klosterseminar “Suchend sein” von Pierre Stutz, einem Schweizer Theologen und bekanntem Buchautor.

In dem unvermeidlichen Stuhlkreis mit gestalteter Mitte (ich hasse das!) hätte man denken können er wäre dabei, denn wenn Teile seiner Gedichte, Elegien oder Geschichten gelesen wurden, nahm er vor meinem inneren Auge Gestalt an. Kein schöner Mann und nicht mehr ganz jung, aber mit einer Präsenz, die manchen Menschen eigen ist. Ein Lebemann und ein Suchender. Ein Zweifler, Kämpfer und humorvoller Mann, der im Alter von 51 Jahren an Leukämie starb.

Der Seminarleiter Pierre, der natürlich einen entzückenden Schweizer Dialekt hatte, nannte ihn “Sprach-Seiltänzer”. Wie passend! Denn unsere erste “Übung” war, zu zweit darüber nachzudenken, was er mit seinem selbst entworfenen Spruch für seinen Grabstein wohl gemeint haben könnte.

“Rose, oh reiner Widerspruch Lust. Niemandes Schlaf zu sein unter soviel Lidern.”

Es wurden bereits fünf Dissertationen darüber geschrieben und ich hatte keinen blassen Schimmer, was es bedeuten könnte. Leider geriet ich an einen etwas humorlosen Mit-Teilnehmer, der mich fassungslos und strafend ansah, als ich überlegt, ob Rilke sich vielleicht einen Scherz damit erlaubt hätte, und sich darüber amüsieren würde, dass sich Generationen von klugen Leuten über den Sinn der aus meiner Sicht nicht verstehbaren Worte machen würde. Um das Ganze zu toppen, mutmaßte ich, dass Rilke vielleicht aber auch einfach nur betrunken oder bekifft war, als er die Verse entwarf.

Mein Gesprächspartner schüttelte ärgerlich den Kopf, sah mich sehr vernichtend ob meiner profanen Meinung an und glücklicherweise endete dann die “Murmel-Rund”. Am nächsten Tag setzte er sich an einen anderen Platz, weit weg von mir, um nur ja nicht wieder in eine Gruppe mit mir dummen Tussi zu kommen….

Auch egal – denn wir hatten in der Zwischenzeit von Pierre gehört, dass Rilke sehr wohl ein sehr humorvoller und schalkhafter Mensch war… (Ätsch!)

Wie immer gab es sehr viele gute Gespräche mit dem ein oder anderen Teilnehmer und selbst heute noch klingen die Gedichte in mir nach. Nein, nicht nur die allseits bekannten Herbstgedichte auch seine Geschichten von Gott und die tatsächlich sehr schwierigen Elegien. Ich habe ein bisschen die Angst verloren, mich an solch schwere Kost zu wagen und habe ein dickes Rilke Buch auf meinem Büchertisch liegen. Ich habe nicht das letzte Mal hinein gesehen…

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