Sperrmüll

Letzte Woche war Sperrmüll-Sammlung in unserem Wohnviertel. Ich beobachtete schon vormittags wie meine nette Nachbarin akribisch ihre Garage durchforstete und einen Haufen “Kram” ordentlich in der Einfahrt aufstapelte. Sie war wohl das gute Vorbild, denn nach und nach begannen alle Nachbarn das ein oder andere “Müllteil” aufzustapeln.

Mir gelang es bis zum frühen Nachmittag die lobenswerten Aktivitäten meiner Nachbarn zu ignorieren, denn ich war damit beschäftigt genervt zu sein. In unserer “Spielestraße” ging es zu wie auf der Autobahn! Gefühlte 1.35 Mio. Transporter, überwiegend weiße Sprinter, (mit Kennzeichen wer weiß woher) patrouillierten die Straße auf und ab. Gelegentlich sprang Jemand aus dem Auto und durchkramte den ordentlich aufgehäuften Berg von “Wegwerfartikeln”, verteilte das in seinen Augen wirklich nicht mehr brauchbare Restzeug auf Auffahrt und Straße, warf die Beute ins Auto und fuhr langsam zum nächsten Haufen…

Wie gesagt, ich war leidlich genervt, wohl auch, weil ich mich nicht aufraffen konnte ebenfalls in meinen gut gefüllten Keller zu gehen und das ein oder andere überflüssige Zeug zu entsorgen.

Ich stellte mir die Frage, wieso für Einige bestimmte Dinge “Müll” sind, wärend Andere offensichtlich sehr wohl dafür Verwendung haben. Ich schämte mich, weil ich so eine dekadente Sichtweise in keinster Weise begründen konnte. Also schleppte ich mich doch in den Keller um “auszumisten” und fand in einem meiner Kellerregale, von denen ich  gar nicht mehr wusste, dass ich sie habe – eine alte Kaffeemaschine (funktionierte nicht mehr), einen nicht mehr schliessbaren Koffer, zwei eingerissene Reisetaschen, mindestens sechs Stofftasche undefinierbarer Farbe und Herkunft, einen kaputten Einkaufskorb, Unmengen Tupper-Dosen ohne Deckel, und Deckel ohne Behältnisse… einen Hotdog-Maker und zwei blaue (identische) Plastik-Tabletts von Ikea. Wofür zum Kuckuck hatte ich zwei davon gekauft??? Ich nehme NIE ein Tablett!

Zum Glück half mir mein Mann beim Sachen raufschleppen und wir schichteten den Kram zu einer Pyramide auf. Wir waren noch nicht fertig, als der erste Wagen hielt und ein Mann anfing in dem Sperrmüll zu kramen. Er grüßte nicht, fragte nicht und murrte nur irgendetwas vor sich hin. Ich war so genervt, dass ich noch nicht einmal Lust auf eine Diskussion hatte und trottete zum x-ten Mal in den Keller, um Nachschub zu holen.

Am nächsten Morgen war kaum noch etwas für die reguläre Entsorgung übrig. Nur die zwei blauen Plastiktabletts und ein paar alte Bilderrahmen waren noch da. Als ich in mein Auto steigen wollt, stieg ein alter Mann von seinem Fahrrad, lächelt und fragte ob er mal schauen dürfe. Ich nickte und er zog die beiden Ikea Tabletts hervor, betrachtete sie eingehend und fragte ob er sie mitnehmen dürfe. “Ja, sicher!”, sagte ich und freute mich, dass er sich offensichtlich freute. Er klemmte sie auf seinen Gepäckträger und hob nach einmal dankend die Hand.

Beschämt stieg ich in mein Auto, und leistete gedanklich Abbitte, an all die Menschen, die  für meinen Müll auch noch dankbar waren.

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