Knallende Türen

Als ich 12 oder 13 Jahre alt war und sich die ersten Ausläufer der beginnenden Pubertät Bahn brachen, hatte ich wie viele Teenager in dem Alter viel „Brei“ im Kopf. Meine Eltern könnten ein Lied davon singen. Die üblichen Trotz- und Kolleranfälle gab es regelmäßig – z.B. wenn ich mich ungerecht behandelt fühlte – also immer.

Ich war (und bin) das einzige Kind meiner Eltern, entsprechend besorgt waren sie um mein Wohlergehen. Gefühlt durfte ich GAR NICHTS! Ich musste immer als erstes zu Hause sein. musste erst Hausaufgaben erledigen, bevor ich mich mit Freundinnen verabreden konnte und die Tür blieb immer einen Spalt offen, wenn ich angerufen wurde und ich das Telefon nach draußen auf den Flur zerrte um wenigstens halbwegs ungestört zu telefonieren… Ungerechte Welt! So empfand ich damals. Retrospektiv hat es mir allerdings kein bisschen geschadet – im Gegenteil.

Ein paar Monate vor meinem 18ten Geburtstag war ich zu einer coolen Party eingeladen. Bei der Diskussion wann ich wieder zu Hause sein müsse, beschied mir meine Mutter, das sie 23 Uhr für ausreichend spät/früh hielt. Ich fuhr das volle Programm an Argumenten auf, warum ich unbedingt länger bleiben müsse. Alle perlten an meiner Mutter ab wie an einer Teflonpfanne.

Die Diskussion wurde lauter und heftiger bis ich erbost vom Stuhl aufsprang, meinen sofortigen Auszug aus meinem Elternhaus verkündete und mit Schwung die Tür knallte. Ich war noch nicht ganz die Treppe runter, als meine Mutter zornbebend hinter mir stand, mir “versprach” beim Koffer packen zu helfen und mir explizit verbot “ihre” Türen zu zu schlagen…. das könne ich später mit meinen eigenen Türen machen…..

Zeitsprung: Über 40 Jahre später….

Wegen irgendeiner Kleinigkeit (es sind ja immer Kleinigkeiten) war ich nach einem Telefonat auf 180… Etwa zeitgleich hörte ich ein klappern am Briefkasten. Ziemlich geladen riss ich die Tür auf, schaute in den Briefkasten und fand einen offiziell aussehenden Brief von einer kreisfreien Stadt in der Nähe vor. Mir schwante Übles und richtig…. ein dusseliges schwarzweißes Foto von mir hinterm Steuer meines Autos verhöhnte mich. Meine ohnehin aufs Maximum hochgefahrenen Emotionen waren kurz vor der Kernschmelze.

Es ist ja immer gut seine eigenen Stärken und Schwächen zu kennen. Ich behaupte von mir, das ich das tue. Geduld ist definitiv nicht meine Stärke. Darum dauert mir persönlich der Fortschritt beim impfen immer noch zu lange. Ja, das ganze hat sich beschleunigt und es ist müßig, darüber zu lamentieren, was alles hätte besser laufen können. Rational ist mir das klar – emotional eher nicht! Als meine Mutter anrief und mir erzählte, dass sie im Impfzentrum trotz bestätigtem Termin wieder weg geschickt wurde , versuchte ich am Telefon ruhig zu bleiben. Nachdem ich aufgelegt hatte, war es vorbei mit meiner Beherrschung. Mit Wucht knallte ich die Wohnzimmertür. Und zwar so sehr, das meine arme alte Hündin Rala erschrocken hochsprang und in den Garten flüchtete. Das tat mir natürlich sofort leid, und durch das Türe knallen hatte sich die Situation für meine Mutter auch kein bisschen verändert. Egal. Mir ging es danach ein bisschen besser….

Am nächsten Tag sah ich einen kleinen Riss in der alten Holztüre die ich ungerechterweise so schlecht behandelt hatte…. ich befürchte es wird nicht der letzte sein…