Triage

Das ist ein Wort, das vor Corona überwiegend medizinischem Personal bekannt war. Ich habe den Begriff in der Ausbildung theoretisch kennen gelernt. Und in einer Freitagsnachtschicht dann auch praktisch…

Der „Klassiker“: In den frühen Morgenstunden wurde uns nach einer schon ziemlich anstrengenden Schicht mit einer Reanimation (erfolglos), ein Massenunfall mit mehreren Schwerverletzten angekündigt. Hektische Aktivität begann, denn es musste Platz geschaffen werden. Die stabilsten Patienten wurden auf die Normalstation verlegt. Der Diensthabende (Arzt/Anästhesist) traf die Entscheidung, wer verlegt wurde… Parallel wurden Op‘s geblockt und die Hintergrund- und Bereitschaftsdienste aktiviert. Es sickert durch, das eine alkoholisierte Frau sich mit ihrem Sohn ein Autorennen auf einer Bundesstraße geliefert hatte. Eines der Autos raste in einen Trupp Soldaten, die zu einer Nachtübung zu Fuß unterwegs waren.

Einer unserer Anästhesisten war mit dem NAW (Notarztrettungswagen) als erstes am Einsatzort und damit kam ihm die Einteilung der Verletzten zu… der Triage. Das ist die Beurteilung, wer bei „knappen Ressourcen“ zuerst Hilfe bekommt. Im deutschsprachigen Raum wird eine Kategorisierung mit 3, bzw. 5 Farben genutzt.  Rot steht für Sofortbehandlung (vitale Bedrohung), gelb für “aufgeschobene Behandlungsdringlichkeit“ (schwer verletzt),  und grün für leicht verletzt (spätere Behandlung).

Dann gibt es noch eine schwarze Karte (tatsächlich sind es Pappkarten, die den Verletzten umgehängt werden). Diese bedeutet bereits eingetretener Exitus. Die schwierigste “Karte“ ist (finde ich) die Blaue. Sie bedeutet „ abwartende, betreuende Behandlung“. Das meint Sterbebegleitung, da der Patient wahrscheinlich ohne Überlebenschance ist.

Die „Ressourcen personeller oder materieller Art“ werden für diejenigen genutzt, die die wahrscheinlichsten Überlebenschancen haben. Eine in jeder Hinsicht furchtbare Entscheidung, die noch dazu unter hohem Zeitdruck getroffen werden muss.

Wir bekamen in dieser Nacht 5 Schwerverletzte (weitere wurden in umliegende Krankenhäuser verteilt). Zwei kamen sofort in den Op, einer wurde in der Notaufnahme stabilisiert und dann in eine Spezialklinik geflogen und zwei der jungen Männer kamen direkt zu uns auf Intensiv.

Wir rannten um Laborwerte, Blutkonserven, Verbände…. Das Gute ist der Teamgeist in so einer Situation… und das jede Schicht irgendwann endet. Als der Frühdienst kam, hatte sich die Situation weitgehend stabilisiert. Wir waren alle todmüde und ausgelaugt, aber keiner ging nachhause. Wir kochten im Pausenraum einen Kaffee „bei dem die Herzklappen Beifall klatschen“ und setzten uns zusammen…. auch der Anästhesist, der die Triage durchführen musste war dabei….

Ich erzähle diese „alte“ Geschichte, denn sie ist tatsächlich schon mehrere Jahrzehnte her, um deutlich zu machen…

1. …wie furchtbar es ist, wenn eine Triage nötig wird! Und in einigen Kliniken sind wir knapp davor…..!

2. ….davon als Betroffener beteiligt zu sein (egal ob „verschuldet“ oder nicht!!!), denn wirklich JEDER hat einen Anspruch auf bestmögliche Versorgung!

3. …was man den Menschen zumute, die damit weiterleben und arbeiten müssen…

Ganz ehrlich? Das braucht keiner!!! Nichts davon! Niemand möchte so eine Karte umgehängt bekommen! Und niemand möchte diese Karten austeilen!

Deshalb: Bitte bleibt zu Hause! Reduziert Kontakte! Damit retten wir Menschenleben!

Bleibt gesund!