Herbstspaziergang

Herbst ist eine germanische Bezeichnung der Jahreszeit zwischen Sommer und Winter (herbista). Das bedeutet auch Ernte oder Zeit der Früchte.

Ich finde den Herbst kann man hören. Die Blatter rauschen im Wind, Eicheln und Kastanien fallen herab, und es ist eine Zeit zwischen den Zeiten. Es wird irgendwie leiser in der Natur. Es riecht nach Abschied, die Stoppelfelder sind goldbraun und sogar schon ein bisschen darüber hinaus. Noch wärmt mich die Sonne, aber im Schatten ist es schon fast kalt und ich beeile mich wieder ins Licht zu kommen. Ich halte mein Gesicht in die wärmende Sonne und schließe die Augen und wünschte, ich könnte es speichern, so dass ich es in der dunklen Jahreszeit abrufen kann. Ich bemühe mich, nicht zu sehr die Abschiedsmelodie des Sommers zu hören, sondern das “Hier und Jetzt” zu genießen. Es fällt mir nicht leicht, weil ich weiß, dass mir die Wärme und das Licht fehlen werden.

Herbst, Erntezeit – Erntedank. Ein schönes Fest. Ich mochte es als Kind mit einem gefüllten Körbchen in die Kirche zu gehen und es auf den Altarstufen abzustellen. Die Früchte der Arbeit, die Ernte vor sich zu sehen ist doch etwas schönes. Sich darüber zu freuen, was man selber geleistet hat und dankbar sein, für das, was uns dazu geschenkt wurde. Sei es Regen und Sonnenschein, oder Kollegen aus unserem Team und unsere Talente.  Danke sagen, dass uns so viel gelungen ist und vielleicht teilen und abgeben, an die, denen nicht alles gelungen ist – die nicht so eine gute Ernte hatten.

Ein paar Blätter fallen vor mir herunter. Eines streift mein Haar. Ich musste in der Schule ein Herbstgedicht lernen, es fällt mir ein und ich freue mich, dass ich es noch auswendig kann:

Die Blätter fallen, fallen wie von weit, als welkten in den Himmeln ferne Gärten. Sie fallen mit verneinender Gebärde.

Und in den Nächten fällt die schwere Erde aus allen Sternen in die Einsamkeit.

Wir alle fallen, diese Hand da fällt. Und sieh dir andre an: es ist in allen.

Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen unendlich sanft in seinen Händen hält.

(Rainer Maria Rilke)

Ich drehe um, und mache mich auf den Weg nach Hause.