Januskopf

Diese merkwürdigen Figuren auf dem Bild gehören zu einer besonderen “Kultur”. Das könnte ich jetzt soziologisch herausarbeiten, das überlasse ich aber lieber meinem Sohn, denn der schreibt drüber gerade eine Hausarbeit im Fach “Medienwissenschaften”.

Ganz allgemein handelte es sich aber um ein japanisches Science-Fiction-Universum, deren Protagonisten in verschiedenen Zeitleisten und Paralelluniversen agieren, bzw. kämpfen.

Als ich diese etwas gruselige Figur sah, fühlte ich mich an den römischen Gott Janus erinnert. Er ist der Gott der Dualität, des Anfangs und des Endes, des Ausgangs und des Eingangs. Auf einigen alten Münzen sieht man den Gott in beide Richtungen blicken. In die Vergangenheit und in die Zukunft. Nach ihm ist auch der Monat Januar benannt.

Ich kannte den Begriff, hörte aber kürzlich in einer Predigt davon und da ich auch, wie schon bekannt ein “Trecki” (Star Trak, Raumschiff Enterprise…) bin und mich Zukunftsgeschichten sehr faszinieren, “triggerte” mich der zweigesichtige Janus während der Predigt an und anstatt zuzuhören, sinierte ich über meine persönlichen Ausblicke in die Zukunft und Rückblicke in die Vergangenheit und Paralelluniversen, die ich mir gedanklich erschaffe und erschrecke, wenn ich resümiere wie viel Zeit ich überall “dort” verbringe  und wie wenig Zeit ich in der Gegenwart präsent bin.

Wie eben auch in besagter Predigt… Ich hatte mir ein Wort “gegriffen” und schon war ich in meinem Paralle-Universum und schaute wie Janus nach vorne und hinten. Nicht nur im übertragenden Sinn, sondern auch wörtlich. Einem Impuls folgend blickte ich Richtung Ausgang der Kirche und sah in einer der hinteren Reihen eine Frau, die bitterlich weinte.

Entsetzt schaute ich schnell wieder nach vorne, nur um mich wenig später noch einmal verstohlen umzudrehen, um zu sehen, ob ich mich vielleicht getäuscht hätte. Nein, die Frau weinte immer noch. Völlig überfordert, überlegte ich, was ich tun sollte. Die Predigt hatte für mich jegliche Relevanz verloren und ich hoffte, dass sie möglichst schnell zu Ende wäre, da ich sie als Anlass der Tränen der Frau wähnte.

Ich kannte die Frau nur vom sehen und ich überlegte, wie ich die Frau ansprechen könnte… Oder war das  übergriffig? Da ich ja ausgebildete Notfallseelsorgerin bin, fühlte ich mich zuständig und die weinende Frau war eindeutig ein Notfall.

Als der Gottesdienst zu Ende war hatte ich zwar keinen Plan, war aber fest entschlossen die Frau anzusprechen. Das war aber gar nicht mehr nötig, denn eine andere Frau bemühte sich bereits um die immer noch Weinende. Ich war erschüttert, da es offensichtlich ein schlimmer Kummer war, den die Frau in sich trug und war andererseits auch sehr erleichtert, dass sie sich “in guten Händen” befand.

Ich weiß leider nicht, wie die Geschichte weiterging, denn ich sah die Frau nicht mehr, als ich die Kirche verließ.

Fazit: Vergangenheit und Zukunft, Eingang und Ausgang (einer Kirche) verdienen durchaus Beachtung und nicht immer ist die Gegenwart “das wahre Leben” …

Zeit

…hatte ich die letzten Tage überhaupt nicht! Nicht zum schreiben, nicht für mich und schon gar nicht für das, was ich eigentlich machen wollte. “…as time goes by…”  sang schon der alte Sam in “Casablanca”. Kaum begonnen, ist der Tag schon zu Ende und man fragt sich, wo die Zeit geblieben ist.

Zeit ist eine physikalische Größe, oder nicht? Nun, sie ist wohl für uns Menschen weit mehr als das. Philosophisch betrachtet, ist sie das Fortschreiten der Gegenwart von der Vergangenheit kommend in die Zukunft. Das klingt logisch und einfach, finde ich. Allerdings: in welcher Dimension halte ich mich am meisten auf? Körperlich in der Gegenwart, aber gedanklich bin ich oft in der Zukunft… plane, mache mir Sorgen was wird, stecke mir Ziele und versuche vorausschauend zu agieren. Oder ich blicke zurück. In die Vergangenheit. Was war? Wie konnte ich diese Entscheidung treffen? Habe ich es richtig gemacht? Hätte, wäre, wenn…. Fragen die sich aus meiner Biographie ergeben, versuche ich zu analysieren und zu beantworten.

Wann tue ich das? Jetzt! In der Gegenwart! Was für ein Unfug! In der “Jetzt Zeit” bin ich gar nicht da, weil ich mich mit Vergangenheit und Zukunft beschäftige. Also: Ich hatte in den letzten Tagen keine Zeit? Doch, hatte ich! Ich hatte alle Zeit der Welt. Ich habe sie aber offensichtlich nicht so genutzt wie ich wollte, weil ich mit anderen Dingen beschäftigt war und schlimmer noch: Ich hatte diese Zeit nicht, weil ich in einer anderen Zeit unterwegs war (in meinem Fall in der Zukunft, weil ich mir Sorgen gemacht habe und mich mit planen beschäftigt habe).

Sind wir also doch Zeitreisende? Sieht so aus. Nur, was will ich dort? An der Vergangenheit kann ich nichts ändern und mit der Zukunft muss ich mich eh beschäftigen, wenn sie meine Gegenwart ist. Dann kann ich handeln.  In der Gegenwart bin ich oft nicht wirklich präsent. Es entgeht uns viel, weil wir gar nicht wahrnehmen, was im “hier und jetzt” alles wunderbares geschieht. Wir können die Zeit viel mehr genießen, wenn uns klar wird, dass wir diesen “Zeitlauf” nicht ändern können. Aus jeder Zukunft wird einmal Gegenwart und dann Vergangenheit. Ich finde das tröstlich, weil es so selbstverständlich ist. Denn egal wie schnell oder langsam die Zeit für mich vergeht, egal wie ich sie nutze: “…. Meine Zeit steht in deinen Händen….” (Songtext von Peter Strauch)