Wohnst du noch oder hast du schon ein zu Hause?

Die letzten zwei Wochen war ich auf Wohnungssuche für einen Studenten in der Metrople “Freie und Hansestadt Hamburg” – bei uns auch “HH” genannt. In der blauäugigen Vorstellung, dass ich mir einfach ein paar Wohnungen anschaue, surfte ich bei den einschlägigen Internetportalen. Es gab jede Menge Angebote und auch in der schicken Hafen-City waren sehr schöne Lofts mit Dachterasse… Für 2800 € kalt!

Definitiv nicht unsere Liga! Und so suchte ich natürlich nach kleineren, bezahlbaren Wohnungen in diversen hamburgischen Stadtteilen. Aber auch da war ich erschüttert wegen der Mietpreise, denn bei uns in der “ländlichen Kreisstadt” und auch an dem bisherigen Uni-Ort waren die Preise deutlich günstiger. Ich suchte 6 oder 7 halbwegs bezahlbare Wohnungen heraus und bat mit dem entsprechenden Button um Kontaktaufnahme. Ein weiterer Button poppte auf und ich musste eine “Bewerbung” ausfüllen! Mittlerweile waren mehrere meiner Zahnreihen in unserer Tischkante zu sehen…..

Am nächsten Tag hatte ich genau eine Rückmeldung mit Besichtigungstermin. Alle anderen Anbieter meldeten sich erst gar nicht. Ich fuhr nach HH, suchte einen Parkplatz und stellte mich mit etwa 20 anderen Bewerbern vor das Haus (welches sogar im hanseatischen Stil von 1880 ganz gut in Schuss war) und wartete auf den Makler. Der geleitete uns dann über mehrere Etagen in die winzige Wohnung, die mit einem ehemals beigen Teppich ausgelegt war… Über die Flecken darauf wollte ich nicht weiter nachdenken. Im Bad gab es nur wenige heile Fliesen, dafür aber ein kaputtes Waschbecken und eine ebenfalls kaputte Toilette… Diese würde aber “wahrscheinlich” vom Vermieter ausgetauscht werden…. Die Nachtspeicheröfen von 1962 aber selbstverständlich nicht, teilte der etwas schnöselige Makler auf Nachfrage mit. Ich versuchte beim zügigen hinausgehen möglichst nicht die Türklinke zu berühren….

Neue Recherche, 5 neue Bewerbungen, 2 Rückmeldungen, wobei ich aus terminlichen Gründen einen davon nicht wahrnehmen konnte. Auf telefonische Nachfrage wurde mir beschieden, dass eine weitere Besichtigung nicht geplant wäre und die Wohnung beim ersten Termin sicher vergeben werde….

Der nächste Besichtigungstermin war im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg, auf der recht  grünen und hippen Elbinsel und somit von Deichen und Wasser umgeben. Tolle Ecke! Als ich in die Zielstrase einfuhr war meine Euphorie schon etwas gedämpfter, denn neben etwa 20 Internet-Cafés, und ziemlich heruntergekommenen Häusern war es dort insgesamt extrem “bunt” (siehe Foto)…

Ich hatte noch etwas Zeit und ging in die nächstgelegene Bank-Filiale und fragte den Angestelten dort ganz direkt, ob er seine Kinder hier wohnen lassen würde. Sein Zögern war eigentlich schon Antwort genug. “Naja, ich arbeite seit drei Jahren hier und nach zwei Wochen war mein Auto das erste mal – morgens um 11 Uhr – aufgebrochen”. Und sie hätten auch öfter mal die Polizei in der Filiale um dort bestimmte Kunden “entfernen” zu lassen….

Der Besichtigungstermin war trotzden sehr interessant, denn das Treppenhaus, dass sich wieder mit etwa 20 Menschen gefüllt hatte, sah ähnlich bunt aussah, wie die Haustür (Foto!). Während ich noch die Graffities zu entziffern und den Geruch im Treppenhaus zu ignorieren versuchte, stellte sich heraus, das der jetzige Mieter die Tür nicht öffnete und nach telefonischer Rücksprache die Wohnung gar nicht zu vermieten sei. Aber! Wie zufällig war gleich um die Ecke eine weitere Wohnung frei und die könnten wir uns statt dessen ansehen. Die Wohnung war akzeptabel, in einem guten Zustand und ich füllte, wie alle anderen Bewerber auch (!!!)  erneut 1000 Formulare, Schufa und was sonst noch alles aus und hoffte trotz der zwar hippen aber dennoch nicht ganz “astreinen” Lage auf eine Zusage. Der nächsten Tag: Absage auf telefonische Nachfrage…

Neues Spiel, neues Glück: stundenlange Internetrecherche, 5 potentielle Wohnungen inklusive Online-Bewerbung… Am nächsten Tag gleich morgens ein sehr netter Anruf  einer Anbieterin, bei der ich mich gleich auf zwei Wohnungen beworben hatte. Beide waren frei, beide wurden gerade renoviert und ich könne beide besichtigen! Hurra! Doppelte Chance! Wir plauderten noch sehr nett einen kurzen Moment und verabredeten uns für den nächsten Tag!

Der Stadtteil von HH war mir vertraut, weil wir dort Bekannte habe. Eine reine Wohngegend, gute Anbindung zur Innenstadt, sehr grün! Eine sehr junge, extrem hübsche Frau (mit rosa-pinken High Heels!) nahm mich freundlich in Empfang. Wir besichtigten beide Wohnungen, die in einem sehr guten Zustand waren und gerade renoviert wurden. Wir hatten “irgendwie sofort einen Draht” zueinander, plauderten, lachten und verstanden uns prima. Als ich wieder zuhause war, hatte ich nach einem kurzen Telefonat auch per Mail eine Zusage für die Wunsch-Wohnung!

Fazit: Eine Wohnung zu finden ist schon nicht so einfach, aber ein “zu Hause” entsteht erst dann, wenn nette, warmherzigen Menschen um einen herum sind….

Franken – mon amour

Es ist wirklich komisch, aber sobald ich das Schild “Willkommen im Freistaat Bayern” auf der Autobahn passiert habe, geht es mir gut. Es geht mir natürlich auch 2 km vorher auf der Autobahn gut, aber es fühlt sich für mich trotzdem irgendwie besser an. Dabei bin ich weder Bayern München-Fan, noch finde ich Horst Seehofer gut. Ich mag an Bayern auch eher Franken. Was ein Widerspruch in sich ist, denn Franken ist ein Teil von Bayern – noch. Es gibt schon lange die Bestrebung Franken zu einem eigenen Bundesland zu machen, aber das wird wohl vorläufig nichts.

Das Lebensgefühl ist für mich “dort unten” ein anderes. Und die Lebensqualität ist ebenfalls höher. Das hängt nicht nur mit dem sehr guten, deftigen und preisgünstigem Essen, dem süffigen Bier (Franken hat die höchste Brauereidichte) oder dem sehr leckeren Frankenwein zu tun. Es gibt auf (fast) jedem Hügel eine Burg oder Burgruine, die Dichte der Künstler, Maler, Komponisten, Baumeister, Dichter und Denker ist dort (gefühlt) ebenfalls höher. Reich geschmückte Barockkirchen oder liebevoll gestaltete Parks (wie auf dem Foto die Eremitage bei Bayreuth) gibt es in vielfältigen Ausführungen. Ich erlebe auch die Menschen dort etwas entspannter, gelassener und offener. Das ist natürlich eine subjektive Wahrnehmung von mir und auch eine “self fulfilling prophecy”.

Nun habe ich das große Glück  in der Fränkischen Schweiz einen Zweitwohnsitz zu haben, wo natürlich die schönste Ecke von Franken ist! D.h. ich bin dort tatsächlich auch “zu Hause”. Das ist schon ein besonderes Gefühl “nach Hause” zu kommen. Nach einer lange Fahrt, nach der Arbeit, nach dem Einkaufen oder nach einer Party bei Freunden. Jedes zu Hause hat seinen eigenen Geruch, seine eigene Stimmung, seine eigene Atmosphäre. Das zu Hause ist ein Teil von uns – ein Teil unserer Identität. Hier fühlen wir uns sicher und geborgen. Das Zuhause bietet Schutz und Rückzugsmöglichkeit, aber auch Raum für Familie und Freunde – je nach Bedarf. Es hat für mich auch mit “Wurzeln” zu tun – verankert zu sein…. “geerdet”. (Ich weiß, dieses Wort wird sehr inflationär benutzt, aber in diesem Zusammenhang erscheint es mir richtig.)

Für mich ist Franken ein Stück Heimat, ein Teil meiner Biographie und mir immer eine große Freude!