Telefon-Terror

Ich finde es meistens toll, wenn das Telefon klingelt. Mein Sohn ruft an, meine Mutter, eine Freundin, oder mein Mann. Manchmal sind es aber auch “offizielle” Anrufe, weil etwas zu regeln ist; Versicherung, Bank, Handwerker, Behörden oder Ehrenamt. Kein Problem!

Seit einigen Wochen erhalte ich allerdings Anrufe, wo ich entweder die Nummer nicht erkennen kann, oder sie sehr lang ist, oder mit “0800…” anfängt. Dann gehe ich schon etwas zögerlich ans Telefon oder melde mich nur mit: “Jaaaa, hallo…”… Ansonsten melde ich mich selbstverständlich mit meinem Vor- und Zunamen.

Meistens sind es irgendwelche Werbeanrufe von Telekommunikationsunternehmen, Stromanbietern, Meinungsvorschungsinstituten oder irgendwelche anderen Call-Center Angestellten, wo ich gar nicht verstehe, zu welcher Institution sie gehören.

Heute hatte ich schon zwei dieser Anrufe und habe beim zweiten Mal (wieso bin ich überhaupt dran gegangen?) die Dame am Telefon rüde unterbrochen und ihr gesagt, dass ich keine Zeit habe! Bumm! Hörer aufgeschmissen! Ich nehme mir fest vor, genauer auf die Nummer zu achten, und dann gar nicht erst dran zu gehen. Falls es doch wichtig sein sollte, könnte man ja eine Nachricht auf dem AB hinterlassen.

Um Mittag herum klingelt mein Telefon schon wieder. Klugerweise achte ich auf die Nummer: 089 – hm, München… Eigentlich erwarte ich keinen Anruf aus München, aber es ist ja keine 0800ter Nummer. Also gehe ich dran. Ich höre ein rauschen, die Frage ob ich wirklich ich bin und dann einen nicht zu verstehenden Namen mit einem Energiversorger-Firmennamen!

Mist! Reingefallen! Ich bin maximal genervt und schnautze den armen Mann an, dass er ja wohl wisse, das Werbeanrufe verboten sind und ich keinesfalls weiter Terror-Anrufe dulden würde, da ich sonst die Polizei, die Gewerbeaufsicht, den Verfassungschutz… äh, Verbraucherschutz oder Frau Merkel persönlich informieren würde.

Der arme Mensch versucht mich mehrfach zu unterbrechen, was mich natürlich überhaupt nicht entspannt, sondern meine Zorn nur noch anfacht. Ich werde sogar richtig laut und lasse mir noch seinen Namen geben, den ich mir auch prompt notiere und drohe nochmal mit allen möglichen Behörden, die mir gerade so einfallen. Zornig schmeiße ich den Hörer auf, schnautze, da ich gerade richtig in Form bin, meinen Hund an, der den gerade vorbeilaufenden Postboten ankläfft und gehe zum Briefkasten.

Dort finde ich einen Brief unseres Energieversorgers! Also die, die ich gerade am Telefon hatte und ich stutze – schaue auf den Namen, den ich mir notiert habe und werde fast ohnmächtig vor Scham…. Ich kenne den Herrn, den ich gerade angeschrien habe – er ist tatsächlich mein Kundenberater und hat mir vor einem guten halben Jahr bei einer Ummeldung und diversen Fragen, sehr freundlich geholfen!

Ach du meine Güte – die Schamesröte noch im Gesicht wähle ich jetzt meinerseits die 0800ter-Nummer vom Kundenservice und habe ein junge Frau dran, die mich nicht zu besagtem Herren durchstellen kann. Sie fragt aber nach meiner Auftragsnummer, die ich ihr auch sage und fragt mich sehr freundlich, ob sie mir vielleicht weiterhelfen könne.

Ich erzähle ihr die “peinliche Nummer” die ich mir gerade geleistet habe und bitte sie mich bei dem netten Herrn, dessen Namen ich ja zum Glück hatte, zu entschuldigen. Sie lacht ein bisschen verständnisslos, verspricht aber es zu tun; nicht ohne mir auch noch einen schönen Tag zu wünschen.

Fazit: Der Erdboden tut sich nicht auf, damit ich darin verschwinden kann um mich zu schämen… meine Strafe ist es für heute immer wieder daran denken zu müssen, und jedes mal erneut schamesrot zu werden!

Sperrmüll

Letzte Woche war Sperrmüll-Sammlung in unserem Wohnviertel. Ich beobachtete schon vormittags wie meine nette Nachbarin akribisch ihre Garage durchforstete und einen Haufen “Kram” ordentlich in der Einfahrt aufstapelte. Sie war wohl das gute Vorbild, denn nach und nach begannen alle Nachbarn das ein oder andere “Müllteil” aufzustapeln.

Mir gelang es bis zum frühen Nachmittag die lobenswerten Aktivitäten meiner Nachbarn zu ignorieren, denn ich war damit beschäftigt genervt zu sein. In unserer “Spielestraße” ging es zu wie auf der Autobahn! Gefühlte 1.35 Mio. Transporter, überwiegend weiße Sprinter, (mit Kennzeichen wer weiß woher) patrouillierten die Straße auf und ab. Gelegentlich sprang Jemand aus dem Auto und durchkramte den ordentlich aufgehäuften Berg von “Wegwerfartikeln”, verteilte das in seinen Augen wirklich nicht mehr brauchbare Restzeug auf Auffahrt und Straße, warf die Beute ins Auto und fuhr langsam zum nächsten Haufen…

Wie gesagt, ich war leidlich genervt, wohl auch, weil ich mich nicht aufraffen konnte ebenfalls in meinen gut gefüllten Keller zu gehen und das ein oder andere überflüssige Zeug zu entsorgen.

Ich stellte mir die Frage, wieso für Einige bestimmte Dinge “Müll” sind, wärend Andere offensichtlich sehr wohl dafür Verwendung haben. Ich schämte mich, weil ich so eine dekadente Sichtweise in keinster Weise begründen konnte. Also schleppte ich mich doch in den Keller um “auszumisten” und fand in einem meiner Kellerregale, von denen ich  gar nicht mehr wusste, dass ich sie habe – eine alte Kaffeemaschine (funktionierte nicht mehr), einen nicht mehr schliessbaren Koffer, zwei eingerissene Reisetaschen, mindestens sechs Stofftasche undefinierbarer Farbe und Herkunft, einen kaputten Einkaufskorb, Unmengen Tupper-Dosen ohne Deckel, und Deckel ohne Behältnisse… einen Hotdog-Maker und zwei blaue (identische) Plastik-Tabletts von Ikea. Wofür zum Kuckuck hatte ich zwei davon gekauft??? Ich nehme NIE ein Tablett!

Zum Glück half mir mein Mann beim Sachen raufschleppen und wir schichteten den Kram zu einer Pyramide auf. Wir waren noch nicht fertig, als der erste Wagen hielt und ein Mann anfing in dem Sperrmüll zu kramen. Er grüßte nicht, fragte nicht und murrte nur irgendetwas vor sich hin. Ich war so genervt, dass ich noch nicht einmal Lust auf eine Diskussion hatte und trottete zum x-ten Mal in den Keller, um Nachschub zu holen.

Am nächsten Morgen war kaum noch etwas für die reguläre Entsorgung übrig. Nur die zwei blauen Plastiktabletts und ein paar alte Bilderrahmen waren noch da. Als ich in mein Auto steigen wollt, stieg ein alter Mann von seinem Fahrrad, lächelt und fragte ob er mal schauen dürfe. Ich nickte und er zog die beiden Ikea Tabletts hervor, betrachtete sie eingehend und fragte ob er sie mitnehmen dürfe. “Ja, sicher!”, sagte ich und freute mich, dass er sich offensichtlich freute. Er klemmte sie auf seinen Gepäckträger und hob nach einmal dankend die Hand.

Beschämt stieg ich in mein Auto, und leistete gedanklich Abbitte, an all die Menschen, die  für meinen Müll auch noch dankbar waren.