Impfen

In manchen Dingen bin ich fast “zwanghaft” ordentlich. Mein Schuhschrank und mein Schreibtisch sind immer extrem aufgeräumt, sortiert und mit System organisiert.

Da angeblich die Dynamik des Impfens zunehmen soll, informierte ich mich umfassend, wer wann in welcher Priorisierung und in welchem Bundesland dran ist…..Für meine Eltern und für mich.

Mein Vater war mit über 80 Jahren als erstes dran und lebt in NRW. Als das Impfportal online freigeschaltet wurde war ich schon um 7:30 Uhr online. um 7:50 Uhr hatte ich den ersten bestätigten Impftermin. Dann ging die nächsten 24 Stunden gar nichts mehr. Die Buchung des zweiten Impftermins war nicht möglich – die Seite war nicht mehr aufrufbar. Ich versuchte es annähernd 100 mal – und das ist keine Übertreibung. Die Hotline war ebenfalls völlig überlastet. “Rien des va plus – nichts geht mehr!” Tatsächlich fühlte ich mich wie ein Roulettspieler, der alles auf eine Zahl gesetzt hatte und verlor…

Zwei Tage später wurde bekannt, das man keinen zweiten Termin buchen kann und der Nachfolgetermin bei der ersten Impfung vergeben wird. Inzwischen ist alles erledigt.

Nun ist die nächste Gruppe mit der zweiten Priorisierung dran. Zeit für mich schon mal die nötigen Impfunterlagen zusammen zu suchen. Und schon nahm das Elend seinen Lauf. Vor ein paar Jahren habe ich eine Tetanusauffrischungsimpfung nach einer Stichverletzung mit einem dreckigen Gartenmesser bekommen. Ich ließ mich (3 mal) gegen FSME impfen, weil ich oft in Franken wandere. Aber wo war der ver…. Impfausweis? Ich kramte (meinen gut aufgeräumten!) Schreibtisch durch. Nichts! Diverse Aktenordner: Nichts! Schränke (außer Schuhschrank!): Nichts! Das heißt… ich fand einen, nein sogar zwei Impfausweise von mir. Einen rosafarbigen von 1966 und einen von 1994…. also nicht wirklich aktuell. Den, den ich brauchte war verschollen. Ich ärgerte mich maßlos und rief mit schlechtem Gewissen bei meiner Hausärztin an. Die nette Sprechstundenhilfe tröstete mich nach meiner Beichte, dass ich meinen aktuellen Impfausweis verschusselt hatte und erzählte, dass sie jeden Tag mehrfach ähnliche Anrufe hätten….

Einen Tag später konnte ich den neuen Ausweis abholen. Die Impfungen waren nachgetragen und nun versuchte ich einen Impftermin für mich zu buchen – denn ich möchte geimpft werden.  Ich verfolge natürlich die aktuelle Diskussion um die Impfungen – ja oder nein. Ich habe einige Follower gelöscht, die krude Statements über das Impfen, die (tödlichen) Nebenwirkungen und die Implantierung von Chips verkündeten. Ich bin definitiv für freie Meinungsäußerungen. Darum nehme ich mir das Recht auch meine kund zu tun. Ich halte das für Quatsch! Für mich sind wissenschaftliche Fakten von renommierten Instituten und Fachleuten maßgeblich. Dennoch gibt es sogar in meiner eigenen Berufsgruppe “irrlichternde” Äußerungen. Es scheint aber einen Wandel zu geben. Eine aktuelle Umfrage der DIVI (Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin) ergab, dass sich die Impfbereitschaft bei Ärzten und Pflegekräften von 65% (Dezember 2020) auf über 75% (Februar 2021) gestiegen ist.

Ich verstehe, dass wir uns alle erst einmal mit den vielen, täglich neuen Nachrichten auseinander setzen müssen. Wir müssen auch nicht alles glauben, was die Push Mitteilungen der Medien uns verkünden. Wir dürfen aber auch weitere Meinungen zu Hilfe nehmen um uns ein möglichst reales, valides Bild von den Informationen zu machen. Und mitdenken ist auch nicht verboten….!

Fazit: Ich werde mich impfen lassen, sobald ich dran bin (bisher habe ich noch keinen Termin, nur Wartelistenplatz). Es wäre doch echt ärgerlich an einem doofen Virus zu sterben, wenn man jahrelang gegen Krebs gekämpft hat. Ich schütze damit nicht nur mich, sondern (wahrscheinlich) auch Andere! Und das ist doch eine gute Sache!

Meinung

Gerade ist die Biografie der wunderbaren Frau Obama erschienen….. Und schon haben alle eine Meinung dazu. So wie ich auch, wenn man meinen ersten Satz liest.

Heute Morgen las ich in der Tageszeitung einen Leserbrief zu einer kirchlichen Veranstaltung, der die Meinung des Schreibers wiedergab. Logisch! Dafür sind Leserbriefe da und ganz wichtig: unsere im Grundgesetz verankerte Meinungsfreiheit! Gott sei Dank, kann man da nur sagen.

Und schon wieder meine Meinung…. In jedem Satz schwingt zumindestens unterschwellig eine Meinung mit – und das nicht nur bei meinen Aussagen. Jeder Zeitungsartikel ist geprägt von der Anschauung, der Meinung des Verfassers. Meine Bücher sind geprägt von meiner Meinung, auch wenn ich noch so sehr versuche “neutral” zu formulieren.  Wenn ich mit meinem Sohn spreche schwingt sehr oft ein Statement mit. Ich bemühe mich, mit “Ratschlägen” zurückhaltend zu sein (und scheitere leider manchmal), denn ein Ratschlag ist auch ein Schlag…. Wie frei sind wir wirklich? Wie sehr beeinflusst uns die Meinung anderer Menschen?

Eine Freundin hat eine neue Frisur, eine Nachbarin eine neue Brille. Ja, natürlich finde ich die neue Frisur meiner Freundin klasse, die Brille etwas zu groß für das kleine Gesicht der Nachbarin. Aus der Nummer komme ich nicht raus…

Die Frage ist, ob ich ungefragt von meinem Recht auf freie Meinungsäußerung immer Gebrauch machen muss?

Bei gesellschaftlichen Themen, Politik, Gewalt gegen Minderheiten, Ungerechtigkeit und Not dürfen wir nicht schweigen. Aufmerksam machen, sensibilisieren und wichtiger noch – etwas dagegen tun.

Aber muss wirklich alles kommentiert, bewertet und für gut oder schlecht befunden werden? Die Biografie von Michelle Obama wurde in vielen Medien “gehypt”. Das hat mich beeinflusst. Ich hatte auch schon vorher eine Meinung, aber die wurde noch verstärkt. Ich freue mich auf das Buch. Aber ich werde es nicht neutral lesen können. Ich habe schon zu viele Hintergrundmeinungen gelesen und gehört.

Ähnlich ist es bei der neuen Brille der Nachbarin… Sie selber äußerte ihre Meinung und fragte dann nach meiner. Bin ich ehrlich? Sage ich das was ich dazu denke? Oder versuche ich es neutral zu formulieren (was schwierig ist)?

Offengestanden habe ich eine Meinung zur Meinung. Die soll hier zur Abwechslung aber nichts zur Sache tun. Vielleicht ist eine Frage ja manchmal besser als eine Meinung…? Z. b. bei meiner Nachbarin, ob sie sich mit der Brille wohlfühlen….?

Ich habe auch viele Meinungen zu meinen “pinkfarbenen Schuhen” bekommen – meist ungefragt. Das ich mich darin richtig super gefühlt habe,  hat kam jemand erfragt.

Auch das soll keine Meinung sein… Ist es aber wohl doch… Denn sie alle hatten das Recht ihre Meinung zu äußern…ob ich sie hören wollte oder nicht.

Fazit: Ich werde die Biografie von Michelle Obama mit Genuss lesen und mir dann eine (neue) Meinung bilden… Ob ich sie mitteilen werde, weiß ich noch nicht…. Ich werde erst darüber nachdenken.

Meinungsbildung

… “bild dir deinen Meinung” titelt eine allgemein bekannte Boullevard-Zeitung. Bei Facebook las ich kürzlich ein Statment, worin sich jemand über die “Verengelung” auf Friedhöfen aufregte. Er meinte damit, dass auf vielen Gräbern Putten oder Kunststoff-Engel gestellt würden und wie schrecklich das aussieht….

Natürlich liegt Schönheit, Anmut und Geschmack immer im Auge des Betrachters. Und ich habe auch meinen persönlichen Stil, was Kleidung und besonders Schuhe angeht. Natürlich gefällt mir lange nicht alles, was ich sehe oder was andere tragen. Muss es ja auch nicht!

Zugegebenermaßen bin ich oftmals wenig zurückhaltend mit meiner Meinung… wie man ja sehr deutlich auf den Blogseiten nachlesen kann. Ich habe dauernd und ständig zu irgendetwas eine Meinung. Und tue sie kund. Ungefragt.

Was berechtigt mich dazu??? Ich habe versucht meinem Sohn beizubringen, dass man sich im Leben positionieren muss. Stellung beziehen und halten, wenn es angebracht ist. Aber auch mal revidieren und sich eines Besseren belehren lassen. An der Uni und im Berufsalltag, in der Diskussion mit Freunden und in Vereinen oder Ehrenamt erwartet “man” eine Stellungnahme zu bestimmten Sachverhalten.

Dann sehe ich auf die Zeitschriften, wo jede noch so kleine Regung von Promis kommentiert und mit einer Meinung, wiedergegeben wird. Ich sehe in den “sozialen Medien” (komische Wortschöpfung, denn sozial geht es dort ja nicht immer unbedingt zu) Meinungen, die mich erschaudern lassen. Wer oder was berechtigt dazu, die Art der Trauer von womöglich Fremden zu kommentieren, zu bewerten und seinen “Senf” dazu abzugeben?

Ich tue gerade nichts anderes! Ich gebe ebenfalls meinen “Senf” zu bestimmten Themen ab. Sollte ich meinen Blog einstellen, um mich nicht in die Reihen derer zu begeben, die zu allem eine Meinung haben? Oder ist es eher eine Frage des Wohlwollens? Es ist ja in keinster Weise verboten, eine positive Meinung zu haben, oder seine Meinung so zu formulieren, dass auch andere Statements ihren Raum finden.

Wenn ich meine Blogs Revue passieren lasse, habe ich mich genau darum bemüht. In Arbeitszeugnissen bedeute “war bemüht” nichts Gutes! Also nochmal: Ich habe bisher versucht zu bestimmten Dingen Position zu beziehen, ohne dabei dogmatisch erscheinen zu wollen.

Und ja, es ist nicht grundsätzlich falsch, eine Meinung zu haben und diese auch nachdrücklich zu vertreten. Sonst hätten wohl noch mehr Diktatoren uneingeschränkt schlimme Dinge tun können. Und manchmal erfordert es sogar sehr viel Mut, seine Meinug zu sagen und stand zu halten. Mir fällt da als erstes Bonhoeffer ein, aber die Liste wäre lang, wenn ich all jene starken Meinungsvertreter nennen würde, die Gutes mit ihrer Meinung getan haben.

Fazit: Warum gebe ich schon wieder meine Meinung zum Besten? Weil ich es wichtig finde, sich bewust zu sein, was Meinungen bewirken können, sowohl im Negativen als auch im Positiven. Und sich bewust zu sein, wann es besser ist seine Meinung kund zu tun, oder einfach auch mal etwas unkommentiert auf sich beruhen zu lassen.