Gedanke einer pinkfarbenen literarischen Gestalt

Auf unserem Küchentisch liegt das Buch unserer Freundin Corinna. Sie hat es vorbeigebracht, voller Freude darüber, dass es endlich erschienen ist.

Wir – Ulrike und ich – haben uns mit ihr gefreut. War dieses Buch doch ein Thema, das in ihrem Leben in den letzten Monaten eine große Rolle gespielt hat. Ich nehme es in die Hand – betrachte das Coverfoto mit den nackten Füßen neben den pinkfarbenen Highheels.
Ob das wohl Corinnas Füße sind, oder ist das Foto nur ein cleveres Marketingprodukt?
Das muss ich Corinna einmal fragen

Ich beginne zu blättern – irgendwo (so hat Corinna gesagt) – würde ich auch vorkommen. Eine gespannte Neugier durchfließt mich. Ich beginne, interessierter zu blättern, zu stöbern und zu lesen. Dann werde ich auf verschiedenen Seiten fündig. Ein eigenartig triumphierendes Gefühl ergreift mich, wenn ich meinen Namen auf den Seiten entdecke. Es ist völlig anders als sonst, wenn ich meinen Namen irgendwo geschrieben sehe. Es hat nichts von der sonstigen nüchternen Sachlichkeit, die einer Namensnennung oft inne wohnt. Selbst mein Name mit Foto unter Fachartikeln erzeugt nicht einmal annähernd ein vergleichbar schönes warmes Gefühl.„Woran liegt das?“, überlege ich. Dieses Gefühl ist eben gar nicht sachlich, sondern mein Name zwischen Corinnas Zeilen verursacht ein äußerst wohliges, intim vertrautes „Wir-Gefühl“.Auf diesen Seiten bin ich eben keine Sache, keine Person des öffentlichen Lebens, sondern Freund, Weggefährte und werde zur literarischen Figur in der Handlung. Viele Menschen werden plötzlich über mich lesen – auch manche, die mich kennen – werden sie mich hierin wiedererkennen? Andere, die mich nicht kennen, werden sie das Gefühl bekommen, mich ein bisschen zu kennen? Würden sie sich jemanden wie mich auch für ihr Leben wünschen?

Warum haben Geschichten, in denen man vorkommt, eine solche besondere Wirkung? Es liegt wohl daran, dass wir Menschen Spuren im Leben hinterlassen wollen. Je dauerhafter und unvergänglicher diese Spuren sind umso erhebender sind die Gefühle in uns. Mancher malt deshalb Bilder, baut Häuser oder sonstige Denkmäler. Bücher nehmen in der Kulturgeschichte hierbei eine besondere Rolle ein. Schon vor der Erfindung des Buchdruckes wurden die – oft in Klöstern – handschriftlich vervielfältigten Schriften zum zentralen – die Jahrhunderte überdauernden Bindeglied zwischen den Generationen. Auch wenn E-Books manchmal das klassische Buch zu verdrängen scheinen, sie liefern weder haptisch noch in ihrer sachlichen Nüchternheit eine vergleichbare Leseerfahrung. Die Spannung, die bei einen fesselnden Buch allein dem Akt des Umblätterns innewohnt, wird einem als E-Book-Leser wohl ewig verwehrt sein. Im Buch muss auch ich meinen Namen suchen und es daher händisch erfahren und begreifen. Im elektronischen Werk würde ich nach meinem Namen suchen lassen und erfahren, dass es x Treffer gibt.

Ich muss an meinen Besuch in der Bibliothek der Franckeschen Stiftungen in Halle/Saale denken. Hier lagern im barocken, original erhaltenen Kulissen-Magazinsaal etwa 120.000 alte Drucke in vielen Sprachen. Dort zu stehen, nimmt einen gefangen; man kann die Spannung der dort verewigten Schriften körperlich spüren. Wie gerne hätte ich – voller Ehrfurcht – in den alten Büchern geblättert und gelesen.

Jedem Buch wohnt etwas von dieser Unvergänglichkeit inne, auch Corinnas pinkfarbenen Geschichten. Wenn ich bedenke, dass vielleicht in hunderten von Jahren noch Menschen diese Zeilen lesen werden, dann spüre ich, dass ich ein Teil dieser Unvergänglichkeit werde. Hier ist nun auch meine Spur in einem Stück Ewigkeit.

Danke Corinna!!

Reden ist silber, SCHREIBEN ist gold

Gerade ist der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki gestorben. Er wird als nicht sehr freundlich beschrieben. Sein Biographie ist beeindruckend  - seine Lebensgeschichte dramatisch. Er liebte deutsche Literatur – allen voran die Werke von Thomas Mann. Günter Grass und Martin Walser waren nicht seine Favoriten. Er besprach Bücher – neue deutsche Literatur. Er lobte sie oder verriss sie. Was er wohl zum bloggen sagen würde?

Wie komme ich dazu, in diesem Blog über Literatur zu schreiben? Wie so vieles, liegen die Dinge immer im Auge des Betrachters. Manche mögen “Den Zauberberg” – manche nicht. Ich habe schon einige Bücher gelesen. Manche haben mir gefallen, einige waren spannend, interessant, lehrreich oder auch mal trivial. Und ich kenne das gut, dass “in Bücher hineinfallen”. Alles um sich herum vergessen und eintauchen in eine andere Welt. Lesen verzaubert.

Ich frage mich oft, was die Autoren antreibt, Geschichten zu erfinden, echte Erlebnisse auf zu schreiben oder Fachwissen zu dokumentieren. Da ich selber schon relativ viel geschrieben habe, kann ich von mir sagen, dass es die Lust an den Worten ist. Damit zu spielen, Emotionen auszudrücken und Gedanken weiter zu geben. Oder mehr noch: Spuren zu hinterlassen. In der Hoffnung, dass etwas bleibt. Ein Stück von mir, ein Splitter meiner Selbst. Ein Gedanke, den ich gedacht und zu Papier gebracht habe (oder digitalisiert habe) überdauert und wird vielleicht weitergedacht. Ich fände das schön.

Sehr viele Menschen schreiben Tagebuch. Sie fassen ihre Erlebnisse und Gedanken des Tages in Worte und bringen sie zu Papier. Eine schöne Art nochmal auf den Tag zu schauen und dankbar zu sein, für das, was gelungen ist. Tagebuch schreiben ist eine ganz persönliche Art von Literatur. Man muss nicht unbedingt etwas veröffentlichen um Schriftsteller oder Autor zu sein. Schließlich schreiben wir doch alle am Buch unseres Lebens.