Ich werde Oma…

… nicht biologisch, aber gefühlt. Ich habe (wieder) angefangen zu stricken, ich habe vermehrt “herbstblonde” Haare (wie  es ein namhafter Entertainer in seiner Biografie nannte) und diverse Alterserscheinungen machen sich verstärkt bemerkbar.

Ich finde, es gibt wirklich schlimmeres als Oma zu werden. Ich hatte tolle Omas. Eine lebte bis zu meinem 14ten Lebensjahr bei uns im Haus, bevor sie starb und die andere Oma erlebte 4 Urenkel und wurde gesegnete 96 Jahre alt, obwohl sie die letzten 25 Jahre behauptete, dies sei aber nun wirklich ihr letztes Weihnachten.

Beide Omas hießen Frieda. Die, die bei uns im Haus lebte, las mir immer Märchen vor, als ich noch nicht selber lesen konnte, spielte mit mir “Mensch ärgere dich nicht” und kochte mir immer das, was ich gerne mochte – Suppen und Eintöpfe. Sie “beschützte” mich, wenn ich etwas angestellt hatte und drohender Ärger von meinen Eltern bevorstand. Sie erlaubte mir Dinge, die ich bei meinen Eltern ich durfte. Davon waren sie natürlich nicht so begeistert, was sie aber offensichtlich völlig vergaßen, denn als meine Eltern zu Großeltern wurden  taten sie das selbe bei meinem Sohn – obwohl ich das dann natürlich auch nicht so klasse fand! Dafür werde ich meinen Enkelkindern auch alles erlauben und sie total verwöhnen und ihnen alles durchgeghen lassen – das ist auf jedem Fall schon mal klar!

Oma Frieda brachte mir das stricken bei – mit viel Geduld. Ich liebte es, mit ihr auf dem Sofa zu üben, während sie große Decken strickte. In meiner Jugend bestrickte ich Alles und Jeden. Damals durften wir im Unterricht und den Vorlesungen stricken, was ich auch ( zu Lasten meiner Noten) tat. Ich weiß nicht mehr wann und warum… Irgendwann hörte ich auf damit. Vor einigen Tagen dachte ich wieder an meine Oma und ging spontan in einen kleinen Wollladen in unsere Stadt und war sofort begeistert. Eine nette Dame beriet mich und ich hätte gleich kiloweise Wolle kaufen können, was allerdings auch ein kostspieliges Vergnügen gewesen wäre. Ich kaufte Wolle für einen Schal, da ich meinen noch vorhandenen Kenntnissen misstraute und sicher war, es gar nicht mehr zu können. Aber es ist wie mit dem Fahrad fahren… Kaum hatte ich die Nadeln in der Hand, fiel mir alles wieder ein.  Und selbst die YouTube Videos waren eigentlich gar nicht nötig. Ich schlug die benötigten Maschen an und die vielen schönen Stunden mit meiner Oma waren wieder präsent. Was sie wohl sagen würde, mich jetzt als “Quasi-Oma” zu sehen? Vielleicht habe ich auch einmal die Gelegenheit meinen Enkelkindern das Stricken bei zu bringen… Ich fände da schön… besonders, wenn sie sich dann nach vielen Jahren daran erinnern würden…

Schmuck-Schatz-Kästchen

Es ist nicht wirklich schön, dieses Muschel-Schmuck-Schatzkästchen aus den 70ziger Jahren. Ein Mitbringsel, von ich-weiß-nicht-wem- aus irgend einem ich-weiß-nicht-wo Urlaubsort, vermutlich an der Nord- oder Ostsee.

Ich habe es geliebt und mich sehr gefreut, als ich es bei meinen Eltern wieder entdeckt habe. Erstaunlich, wie viel “Kram” in so einem kleinen Kästchen Platz hat. Den Inhalt hatte ich fast vergessen. Als ich aber das kleines Armkettchen mit den Marienkäfern und das andere mit den Plastik-Blumen sah, fiel mir sofort ein, wie sehr ich diese beiden “Schätze” gemocht habe. Sie waren sicher nicht teuer. Mir sind sie aber sehr wertvoll, denn ich erinnere mich, dass ich sie gerne getragen habe und mich dann wie eine Prinzessin fühlte. Einige Anlässe, zu denen ich sie trug, fielen mir sofort wieder ein.

Ein weiters Armkettchen (dafür hatte ich offensichtlich eine Schwäche) war mit kleinen Anhängern aus Urlaubsorten, die ich mit meinen Eltern bereist hatte, behängt. Viele schöne Erinnerungen waren damit verbunden.

Ein Schlüssel war auch in dem Schmuckkästchen. Ich habe keine Ahnung, wofür er nötig war. Vielleicht eine Spardose? Oder ein Tagebuch? Ich hatte ein dunkelgrünes, mit einem Schloss. Daran erinnere ich mich. Ich weiß nicht, wo es geblieben ist. Der Schlüssel war aber wohl mal wichtig, sonst hätte ich ihn nicht aufgehoben.

Ein Ring mit einem Schmetterling war auch noch darin. Leider fehlt ein Flügel. An ihn erinnere ich mich gut, weil ich ihn oft getragen habe, auch mit nur einem Flügel… Die Anstecknadel mit dem Herzen war nicht aus echtem Gold – aber mir ebenfalls wertvoll. Ich bekam sie (von wem eigentlich?), weil das lateinische “cor” im Deutschen “Herz” bedeutet und ich nun mal “Corinna” heiße.

Nichts davon hat einen hohen materiellen Wert. Ich weiß aber noch, dass ich jeden Abend meinen getragen Schmuck als kleines Mädchen dort hinein legte und wenn ich es nicht tat, schaute ich trotzdem jeden abend vor dem Schlafen, ob alle meine Schätze noch da waren.

Später tat ich etwas ähnliches, wenn ich nach meinem kleinen, schlafenden Sohn sah….

Jeder hat ein Schatzkästchen, in dem er etwas aufbewahrt, was ihm lieb und teuer ist. Es muss nicht einmal real sein. Ich habe auch so ein  immaterielles Schatzkästchen, das ich mit schönen Bildern und Erinnerungen befülle. Jedesmal, wenn ich in den Bergen bin, oder meine Eltern mir sagen, dass sie stolz auf mich sind, oder mein Mann mir sagt, dass er mich liebt, oder mein Sohn behauptet, dass ich die beste Mama der Welt bin, lege ich diesen Schatz in mein Schatzkästchen.

Und jeden Abend vor dem Einschlafen öffne ich es kurz, schaue die Schätze an und dann bringen sie mich zum Lächeln…