Rosenbilder

Wenn man Dinge wieder entdeckt, die untrennbar mit der Kindheit und positiven Erinnerungen verbunden sind, freut man sich – und ist gleichzeitig auch ein bisschen wehmütig.

Mir ging es vor ein paar Tagen so, als ich in Folie eingepackte “Rosenbilder” in einem Museums-Shop entdeckte (da gehören sie wohlmöglich hin, denn es sind Relikte aus der Vergangenheit). Ich war begeistert und kaufte sofort ein paar Bögen. Wieder zu Hause, rief ich meine Mutter an  und fragte, ob es noch meine grüne Mappe mit gesammelten Werken meiner  geliebten Rosenbilder gäbe. Ich war sehr erleichtert, als sie es bejahte und ich werde sie bei meinem nächsten Besuch ganz sicher heraus kramen und in Erinnerungen schwelgen.

Ich verbrachte viele Stunden mit Freundinnen auf den Treppenstufen und Mauern unserer Elternhäuser um Bilder zu tauschen, zu betrachten und zu bewerten. Wir legten sie übereinander um nach Größe zu tauschen. Ein großes Rosenbild (es waren ja gar nicht immer Rosen, manchmal auch Tiere, bevorzugt Hund, Katzen und Pferde, Feen und Prinzessinnen oder andere Fabelwesen) war mindestens zwei kleine wert! Und besonders schöne Bilder wurden gar nicht hergetauscht! Besonders wertvoll waren die, mit Glitzer obendrauf. Die Bilder die nicht so begehrt waren oder die einem nicht gefielen wurden in Poesiealbum geklebt, die “damals” ebenfalls Hochkonjunktur hatten.

Jahre später gab es ein ähnliches Phänomen bei meinem Sohn – Pokemonkarten wurden hin- und her getauscht. Und es war wichtig, besonders seltene Karten wie einen Schatz zu hüten.

Wie schön einfach doch so eine Kinderwelt erscheint. Man besitzt vermeindlichche Schätze und niemand kann sie einem rauben, es sei denn, man entscheidet sich für einen Tausch. Gleich für gleich!

In unserer Erwachsenenwelt hat uns die Erfahrung inzwischen natürlich gelehrt, dass nichts zwangsläufig von Bestand ist. Weder materielle “Schätze” noch ideelle noch Gesundheit, Liebe oder das Leben selber. Und “gleich für gleich” gilt auch nicht immer. Wie oft fühlen wir uns ungerecht behandelt, ja sogar betrogen. Habe ich nicht soooo viel in die Beziehung investiert…. Und was bekomme ich zurück? War der Gebrauchtwagen nicht viel zu teuer bezahlt… Hat mich der Händler übervorteilt? Ich habe viel Sport getrieben und mich gesund ernährt…. Wieso bekomme ich trotzdem einen Infarkt? Ist das alles ein gerechter Tausch?

Ich erinnere mich, dass mir eine Freundin ihr liebstes Rosenbild schenkte, weil ich ihre beste Freundin war und ich wohl irgendetwas gesagt oder getan hatte, was sie als so wertvoll betrachtete, dass ich ihren besonderen Schatz verdiente. Ich fand das Bild eigentlich nicht so besonders schön, erkannte aber, dass es ein besonderes Geschenk war und freute mich riesig. Ich hütete dieses Bild besonders und es war in der ersten Hülle in meiner Sammelmappe.

Ich glaube, ich werde morgen auch einer Freundin mein schönstes und wertvollstes Rosenbild schenken.

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <strike> <strong>

Current ye@r *

Artikel verfolgen