Sammelleidenschaft

Letztes (Faschings-)Wochenende waren wir mit Freunden zufällig in Bayreuth und stießen auf den gerade beginnenden Faschingsumzug. Nun sind wir Norddeutschen ja nicht gerade bekannt für ausgelassenes Karneval- oder Faschingstreiben. Entsprechend hielt sich die Begeisterung erst einmal in Grenzen. Wir wollten aber wenigsten einen kurzen Blick riskieren, mit der arroganten Meinung, dass wir uns voller Grausen schnell wieder vom Acker machen würden. Die Straße war gesäumt von verkleideten, gut gelaunten Menschen, davon viele junge Familien mit kleinen Kindern.

Von ferne konnte man schon laut wummernde Bässe hören und mehrer Polizeiwagen führen vorbei, um den Weg frei zu machen. Die ersten aufwendig gestalteten Umzugswagen erreichten mein Sichtfeld, die Musik wurde lauter und das Jubeln begann. Er regnete schlagartig “Kamelle” und ohne dass ich irgendwie Einfluss nehme konnte, stützte ich mich auf die kleinen, bunten Geschenke. Natürlich ließ ich den kleinen Kindern den Vorrang, aber zugegebenermaßen erfasste mich ein Anflug von Jagdfieber. Binnen kürzester Zeit hatte ich meine beiden Jackentaschen und meine Handtasche voller bunter, süßer Bonbons.

Einige Wagen warfen auch besondere Dinge, kleine Popkorntüten oder kleine Schnappsfläschchen…. Diese wurden natürlich nicht geworfen, sondern an die jubelnden Erwachsenen verteilt. Einen Moment war ich irritiert (“Brot und Spiele”) aber es fiel mir auch schwer mich der Begeisterung zu entziehen und ich sammelte begeistert weiter.

Als wir abends unsere Taschen leerten, war ich erschüttert. “Tonnenweise” Süsskram, den ich eh nicht mag. Und das auch noch kurz vor Beginn der Fastenzeit…. Wohin nur mit all dem ungesunden, klebrigen Zeug? Dennoch freute ich mich über den bunten Haufen. War das die genetische angelegte Variante von “jagen und sammeln”?

Möglicherweise! Denn wenn ich so recht überlege, freue ich mich am meisten über die “erlegten” Schnäppchen und das, was mir praktisch zugeworfen wird. Ich brauche dieses Dinge/Kamelle nicht, aber sie fallen mir zu. Was ich damit anfange, bleibt mir überlassen.

Aufgrund der Fastenzeit liegt eine große, bunte Tüte sicher verwahrt im Schrank. Und bei entsprechenden Gelegenheiten gebe ich (natürlich nach Rücksprache mit der Erziehungsberechtigten) das ein oder andere “Süssi” weiter, wohlwissend, das es ziemlich ungesund ist….

Meine Sammelleidenschaft werde ich überdenken. Kürzlich las ich einen Artikel über “Ballast” den wir alle so mit uns tragen oder unsere Schubladen füllt. Was “beschwert” uns? Was hindert uns an Bewegung und Mobilität? Was bindet uns?

Mir fallen da für mich eine ganze Menge Dinge ein und die gesammelten Kamelle veranlassten mich zu einer recht umfangreichen Aufräum- und Entsorgungsaktion. Mein Schreibtisch, die Schubladen und mein Kleiderschrank wurden von “unnötigen” Dingen befreit, aussortiert, weiter verschenkt oder weggeworfen. Und tatsächlich fühle ich mich befreit, wenn ich auf meinen jetzt sehr übersichtlichen Schreibtisch schaue. Vielleicht hat es auch was mit “innerer und äußerer Ordnung” zu tun…. Die Frage ist, wie lange es dauern wird, bis mich die Sammelleidenschaft wieder befällt…

In dem Zusammenhang… Mein Schuhschrank ist unberührt geblieben…..

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