Schlammschlacht

Ja, so kann man das Hurricane 2016 durchaus bezeichnen. Selbst “Spiegel online” dokumentierte mit einem spektakulären Video die groteske, aber gutgelaunte Aktion eines von einem Quad gezogenen “Schlammskifahrers” (als Wasser-/Schlammski diente eine  Dixiklotür).

Nach zwei Nachtdiensten bin ich zugegebenermaßen “noch etwas neben der Spur”, aber wie jedes Jahr begeistert von der guten Stimmung dort.

Schon Freitags wurde mehrfach “schutzevakuiert”…. die Festivalbesucher mussten das “Infield” räumen und sich wegen des schweren Gewitters in ihre Autos begeben. Vor den Bühnen hatten sich schon riesige Pfützen gesammelt und die Technik musste in Sicherheit gebracht werden. Auf der “Green Stage” sollte als Top Act “Rammstein” spielen, die erst nach Sondergenehmigung der Behörden mit einer Stunde Verspätung starteten. Nicht meine Musik, aber die Bühnenshow war einzigartig.

Die Stimmung im DRK Zelt ist immer geprägt von guter Laune, Teamgeist und echtem Engagement. Man kennt sich, denn es sind immer die “üblichen Verdächtigen”, die so wie ich bevorzugt Nachtdienst machen. Es war ziemlich viel zu tun, aber glücklicherweise überwiegend Bagatellverletzungen und einiges an “Seelsorge-Themen” (wie Panikattaken, Herzeleid, Verlustängste und Suchende). Und alle, alle waren dankbar für die Zeit, ein bisschen Wärme und Trockenheit und die guten Worte die alle Betreuer fanden. Es herrschte immer gute Stimmung – bei den Betreuerm und auch bei den Fesitivalbesuchern.

Samstag ging dann wettermäßig gar nichts mehr. Der sinflutartige Regen machte das gesamte Gelände zu einer Seenplatte. Selbst die Campingzelte standen unter Wasser. Die Rettungswagen fuhren sich im Schlamm fest und das THW aus verschiedenen Kreisen, versuchte durch Abpumpen der Lage Herr zu werden. Kaum war “Land in Sicht” (haha), fing es wieder an wie aus Kübeln zu schütten. Schließlich entschlossen sich die Behörden und der Veranstalter den Samstag komplett zu unterbrechen. Einige reisten schon ab.

Im DRK-Zelt war gefühlt noch mehr zu tun, als in der Nacht zuvor, da jetzt auch noch viele Unterkühlungen dazukamen. Beeindruckt hat mich besonders, wie gut gelaunt die jungen Menschen trotz Nässe, Kälte, Dreck, Müdigkeit und kleineren und größeren “Dramen” waren.

In den frühen Morgenstunden kam eine lachende DRKlerin ins Zelt und hielt kreischend pinkfarbene Handschuhe in die Höhe, die sie von einem anderen Ortsverband geschenkt bekommen hatte. Ich “erbettelte” mir natürlich auch ein Paar als Souvenir und gab mir selber das Versprechen, nächstes Jahr, egal wie das Wetter sich zeigen wird, wieder dabei zu sein.

Pfarrgarten

Als ich vor einigen Wochen bei meinem Freund Martin in dem wunderschönen Pfarrkeller aus dem 17. Jahrhundert eine Lesung aus meinem Buch hielt, gingen wir spät abends durch den Pfarrgarten zu meinem Auto zurück. Es war zwar schon dunkel, aber ich konnte etwas von der “verwilderten Ödnis” erkennen. Als wir durch das halb verfallene Tor aus sehr alten Sandsteinen gingen, fragte ich Martin, der erst seit ein paar Monaten dort wohnte und arbeitete, ob der Garten in Stand gesetzt würde…. wäre doch schade darum, den geschützten Innenhof nicht nutzen zu können. Ja, da würde sich bald etwas tun, verriet er mir mit einem Schmunzeln.

Letzte Woche in meiner “Schreib-Klausur” ging mir etwas die Luft aus und ich brauchte dringend Inspiration und Abwechslung. Kurz entschlossen schrieb ich Martin über einen bekannten Kurznachrichtendienst an, ob er Zeit für ein Treffen habe. Er antwortete sofort und lud mich in den “neuen Pfarrgarten” ein. Ich sagte für den übernächsten Tag begeistert zu und war sehr gespannt auf das neue Gartenkonzept.

Stolz brachte mich Martin in den neu gestalteten Garten, wo er in einer sehr hübschen Ecke einen Kaffeetisch vorbereitet hatte. Es war nichts mehr von der Ödnis zu sehen! Neue Pflasterung, die aber die alten Steine integrierte, farbig, freundlich gestrichene Anbauten und Pavillons, eine gepflegte, kleine Rasenfläche mit einer hübschen Hecke und mit einem sehr schönen Wasserspiel, und eine exzellent restaurierte Sandsteinmauer vervollständigten das Gesamtkonzept. In die Steinauer war ein kleines, metallenes Bildnis des Abendmahls eingelassen, das eigentlich schon auf dem Schutthaufen gelegen hatte, berichtete mir Martin. Und natürlich darf auch eine Marienfigur in diesem traumhaft schönen Pfarrgarten nicht fehlen.

Besonders der Tordurchgang, der jetzt gar nicht mehr marode wirkt, sondern sehr einladend, gefällt mir ausgesprochen gut. Es ist nur ein Durchgang – ohne Tür – zu beiden Seiten offen – man kann hinaus und hineingehen, ohne Barriere. Was für eine Freiheit. Es erscheint mir besonders symbolträchtig und tatsächlich werden Martin und ich später über Türen, die offen sind – oder geöffnet werden, sprechen.

“Da waren aber Profis am Werk”, mutmaße ich. “Nur einige wenige! Das meiste haben verschiedene Menschen aus der Gemeinde, Jugendgruppen und Freiwillige gemacht” berichtet Martin nicht ohne Freude und Stolz. “Alle haben Hand angelegt und ganz praktisch Steine geschleppt, Erde umgegraben, gestrichen, gehämmert und gesägt. Und wir hatten natürlich auch ein paar finanzielle Sponsoren. Ohne geht es nicht. Das hat alles total Spaß gemacht”, gerät Martin richtig ins Schwärmen.

Ich hatte das Privileg, den ganzen, sonnigen Nachmittag in tiefen Gesprächen in diesem wunderschönen alten und doch neuen Pfarrgarten mit einem offenen Tor zu sein und Inspiration in überreichlichem Maß mitzunehmen.