Besuch

Ich versuche mindestens ein Mal im Monat meine Eltern zu sehen. Meistens klappt es. Irgendwer hat ja immer Geburtstag. Entweder kommen sie zu mir oder ich fahre hin. Das ist mit etwas logistischem Aufwand verbunden, denn wir wohnen jeweils in einem anderen Bundesland und die Entfernung ist gut 150 km, und damit mindestens 2 Std. Fahrtzeit, eher länger. Die Strecke ist überwiegend Bundesstraße, aber so habe ich immer Zeit mir neue Blogs auszudenken.

Zugegebener Maßen fahre ich sehr gerne “nach Hause”, was ja nicht mehr mein zu Hause ist, denn ich habe natürlich seit Jahrzehnten ein eigenes “zu Hause” mit meiner Familie. Dennoch sage ich: “Ich fahre nach Hause.” Ich bin in einem kleinen Ort in Nordrhein-Westfalen aufgewachsen, unweit des Wiehngebirges.

Wenn ich einen Termin abspreche, wann es passt, fragt meine Mutter als erstes: ” Was soll ich dir denn schönes kochen?” So, als würde ich zwischen den Besuchen nie “etwas schönes” zu essen bekommen. Trotzdem freue ich mich jedesmal, wenn sie fragt, denn es gibt tatsächlich Gerichte die ich selber nicht koche, (ich koche sowieso nicht gerne) aber trotzdem sehr gerne esse und die auch nirgends so gut schmecken wie “zu Hause”.

Meine Eltern leben seit über fünfzig Jahren in ihrem Haus und es ist mir sehr vertraut. Es hat seinen eigenen Geruch, seine eigene Atmosphäre. Erinnerunngen tauchen vor meinem inneren Auge auf, sobald ich im Treppenaufgang stehe. Und das ist verbunden mit “Sicherheit, Geborgenheit, Willkommen sein”! Ich weiß, was hinter jeder Schranktür ist und neues Inventar wird immer ausreichend begutachtet und für “sehr modern” befunden, denn alles was nicht “Eiche rustikal” ist, ist modern.

Sobald ich da bin, bin ich wieder Kind, und das mit fast 50 Jahren! “Kind, du musst mehr essen! Zieh dir doch ein warmes Unterhemd an! Lauf nicht immer barfuß in den Keller!” Usw, usw, usw. Ich habe es längst aufgegeben zu diskutieren oder gar zu widersprechen.  Ich ziehe die eigens für mich bereitgestellten, viel zu großen Hausschuhe an, wenn ich aus dem Keller die liebevoll eingekochten Erdbeeren hole um sie zum Nachtisch zu verspeisen.

Es stört mich nicht, im Gegenteil. Es ist vertraut, vorhersehbar und fürsorglich gemeint. Und wenn ich ehrlich bin, sage ich so ähnliche Dinge, wenn unser Sohn “nach Hause” kommt (er hat auch schon seit 3 Jahren ein eigenes zu Hause).

Sehr oft kramen wir in alten Sachen. Fotos, Dokumente u.ä. . Gerade habe ich meine Eltern nach ihren Erinnerungen aus der Kriegs- bzw. Nachkriegszeit befragt. Denn jetzt kann ich sie ich noch fragen. Und sie erzählen mir gerne und viel von früher. Ich genieße das sehr, denn so finde ich auch einen Teil meiner Identität. Das ist meine Familie! Wie wunderbar! Ich weiß, ich fahre bald wieder zu Besuch zu ihnen!

Auf der Suche nach dem “Ping”

Es gibt Geräusche, die können einen an den Rand des Wahnsinns treiben – das ticken einer Uhr, wenn man nicht schlafen kann oder ein tropfender Wasserhahn, oder das “Kreischen” von Kreide auf einer Tafel….

Als ich neulich morgens noch schlaftrunken in die Küche taumelte, um den dringend benötigten Kaffee zu kochen, hörte ich ein “Ping”. Nicht sehr laut, aber in einem penetranten, regelmäßigen zeitlichen Abstand. Meine geistige Festplatte war noch nicht wirklich hochgefahren, so dass ich das Geräusch nicht gleich zuordnen konnte. Auch die Lokalisation war nicht klar. Erstmal Kaffee!

Als mein Mann die Bühne des Geschehens betrat, erklärte er mir sofort, dass er “die ganze Nacht” auf der Suche nach dem “Ping” gewesen wäre….. Offensichtlich erfolglos. Inzwischen hatte ich die erste Tasse Kaffee intus und das Koffein half meinem lahmen Verstand auf die Sprünge: “Das ist ein Rauchmelder”, diagnostizierte ich. Das hatte mein Mann aber auch schon festgestellt,  jedoch die Quelle des Übels nicht gefunden.

Das es nur ein Rauchmelder im Keller sein konnte, war klar, denn sonst wäre das Geräusch, das anzeigt, dass die Batterie leer ist, lauter gewesen. Im Keller hatte mein Mann nach eigenen Aussagen aber ja schon die halbe Nacht verbracht, um den besagten Rauchmelder zu finden.

Nun neigen Männer ja manchmal, wenn ich mal etwas plakativ formulieren darf,  gelegentlich zu leichten Übertreibungen. Die “ganze Nacht” war mein Mann definitiv nicht im Keller! Aber egal! Jedenfalls hatte er sich redlich bemüht. Da wir nur zwei Rauchmelder im Keller haben, versuchte ich noch mal mein Glück. Der im Heizungsraum war es schon mal nicht. Das hatte mein Mann aber auch selber schon festgestellt, erklärte er mir nachdrücklich.

Blieb nur noch der im Waschkeller – und ganz klar – hierher kam das “Ping”! Nur… wo genau war der doofe Rauchmelder? Dunkel meinte ich mich zu erinnern, dass er immer auf dem Trockner stand. Doch dort befand sich ein großes “Nichts”. Definitiv kam das “Ping” aber aus dieser Gegend. Ich vermutete, dass er wohlmöglich hinter den Trockner gerutscht war. Unter großem Getöse schafften mein Mann und ich es, den Trockner von der Wand weg zu rücken. Wieder ein großes “Nichts”!

Wir waren massiv überfordert, denn wir hörten das Geräusch klar aus dieser Region, konnten das “Ping” aber nicht orten. Langsam kam ich mir etwas dümmlich vor, schickte meinen Mann wieder rauf und stellte mich direkt vor den Trockner und suchte hochkonzetriert mit allen Sinnen nach dem “Ping”.

Und da – endlich! Ein weißer Rauchmelder – im Eck, an der weiß gestrichenen Decke über dem Trockner…. der Rauchmelder. Ein echter Fall von Mimikry! Wie hätte mein Mann den auch Nachts finden sollen?

Der Übeltäter wurde sofort mit einer neuen Batterie ausgestattet und wieder an seinem alten zu Hause plaziert.

Und was lernen wir daraus? Mal wieder gar nichts! Denn ich wette, beim nächsten Mal werden wir ihn wieder nicht finden!

Baba Yetu Yetu Uliye Mbinguni Yetu Yetu Amina

…. wenn man Suaheli kann, weiß man was es bedeutet. Ich kann es leider nicht.

Oft sagt meine Familie oder Freunde, wenn wir im Gespräch sind: “Hey, wäre das nicht ein Blog Thema?” Und tatsächlich inspirieren mich Begegnungen ja immer und schon oft, sind aus Gesprächen, oder Fragmenten daraus, Blogs entstanden.

So war es auch hier. Eine junge, befreundete Studentin schickte mir einen You Tube Link mit dem Lied. Sie schrieb gleich eine englische und deutsche Übersetzung dazu.

Es bedeute: Vater unser im Himmel. Amen

In den letzten Tage haben mich die Ereignisse in Paris, wie Millionen andere Menschen auch, sehr beschäftigt. In meinem “neuen, pinken Leben” gehöre ich zur “schreibenden Zunft”. Aber nicht nur deshalb schockiert mich die unfassbare Tragöde so. Es ist vielmehr der Hass und der vermessene Glauben, dass Gott Menschen braucht, die in seinem Namen töten und Leid bringen, um seinen Willen durchzusetzen.

Ich glaube an einen Gott der Liebe, des Vergebens, der Toleranz und der Güte. Dass alles passt nicht zu der “Botschaft”, die die Terroristen verkünden. Und sie erreichen gerade genau das Gegenteil! Millionen Menschen solidarisieren sich, stehen Schulter an Schulter – Arm in Arm auf der Straße und gedenken der Opfer. Unabhängig von Religion, Herkunft oder Geschlecht. Und sogar politische Gegener haken sich ein und stehen gemeinsam gegen Hass und Terror! Wenn das keine gute Botschaft ist!

Baba Yetu Yetu Uliye Mbinguni Yetu Yetu Amina!

Die großen Weltreligionen haben ein gemeinsames Manifest gegen den radikalen Terrorismus im Namen Gottes verfasst. Das alle ein gemeinsames Schriftstück unterschreiben und sich dahinter versammeln können, hat es so auch noch nicht gegeben. Wie wunderbar wäre es, wenn nach alle dem Blutvergiessen jetzt endlich die Bereitschaft für Gespräche und Versöhnung entstehen würde.

In der Zeitung steht heute ein Zitat von einem Schild bei der Paris-Demo:

“Islamist zu sein und in einem koscheren Supermarkt zu enden. Eine Zeitung töten und in einer Druckerei zu sterben. Wenn Gott existiert, hat er Humor.”

Ich glaube, dass Gott nicht darüber lacht, sonden dass Gott traurig ist. Darüber, dass verwirrte Seelen so viel Leid anrichten.

Und ich glaube, dass wir jetzt die Chance haben, die Welt ein kleines bisschen besser zu machen – mit Liebe, Güte, Verständnis und Toleranz!

Baba Yetu Yetu Uliye Mbinguni Yetu Yetu Amina!