Das “kleine Schwarze”

Man/Frau braucht es! Unbedingt! Und gerade jetzt zur Hochsaison der Party-Zeit. Ich habe verschiedene Varianten. Mit angeschnittenem Arm, ohne Arm und mit einem Dreiviertel Arm. In schwarz und in schwarz und in schwarz. Ich liebe sie! Alle! Man kann sie wunderbar kombinieren. Mit High Heels, mit Booties, mit Stiefeln, Jeansjacken, Chanel-Jacken, Strickjacken und mit allen Farben. Aus Seide, Stretch oder Baumwolle.

Bei uns in der Stadt macht leider gerade eine kleine, schnuckelige Boutique zu…. Räumungsverkauf! 50% auf Alles! Nichts wie hin – obwohl ich natürlich eigentlich gar nichts brauche! Denn wie gesagt… Ich habe mehrere “kleine Schwarze”. Aber ich will ja auch nur mal gucken!

Der Laden ist voll. Logisch! Denn dort gibt es wirklich schöne Sachen und nicht die ganz “normalen” Standard-Kleider. Ich blättere durch die verschiedenen Ständer, und ehe ich mich versehe, gehe ich mit 6 (!!!) Kleidern in eine gerade frei gewordene Umkleidekabine. 4 von den Kleidern sind schwarz (eines davon mit Spitze, eines mit Chiffon), eines rot und eines schwarz mit bunten, graphischen Mustern.

Ich probiere eins nach dem anderen an. Mist! Sie passen alle – außer das Rote! Ein Glück! Erleichtert trage ich es sofort wieder auf den Ständer zurück. Ein rotes “kleines Schwarzes” habe ich nämlich noch nicht, und das hätte mich doch sehr in Versuchung geführt.

Aber was mache ich mit den restlichen fünf? Ein kleines Schwarzes mit Spitze habe ich schon…. Aber eines mit Chiffon noch nicht….. Die anderen Beiden sind “nur” schwarz. Langweilig, habe ich ja schon mehrfach. Also werden diese drei ebenfalls auf den entsprechenden Ständer zurück getragen. Kaum habe ich das mit Spitze reingehängt, reißt es eine andere Frau heraus und freut sich sichtlich, es ergattert zu haben. Sofort frage ich mich, ob ich es nicht doch hätte gebrauchen können…. Egal! Ist jetzt eh zu spät.

Ich habe ja noch zwei Geiseln in meiner Umkleide-Kabine… Das mit Chiffon und das Schwarz-bunte Schlauch-Kleid. Ich probiere beide umgehend noch mal an. Beide sitzen perfekt und beide stehen mir wirklich sehr gut, befinde ich. Mist, Mist, Mist! Zwei Kleider kaufe ich auf gar keinem Fall! Eigentlich brauche ich gar keins!

Das kleine schwarze Chiffon-Kleid ist wirklich sehr festlich. In Gedanken spiele ich mögliche Trage-Szenarien durch…. In absehbarer Zeit, keine Gelegenheit in Sicht, es anzuziehen. Aber man weiß ja nie…,

Kurzentschlossen trage ich es ebenfalls zurück und prompt greift die Frau von eben wieder danach und schleift die Beute in Ihre Kabine! So ein Ärger! Ich Dummie hänge offensichtlich die Besten zurück. Bevor mir das mit dem kleinen Schwarzen, bunt bedruckten auch passiert, presche ich zur Kasse und bezahle schnell!

Ha- ein echter Schnapper! Die andere Frau bekommt dieses jedenfalls nicht! Und so ein buntes, kleines Schwarzes habe ich ja auch noch nicht!

Ich habe es jetzt innerhalb einer Woche zu zwei verschiedenen Anläßen getragen (unterschiedlich kombiniert – mal leger und einmal festlich) und jedesmal einige Komplimente kassiert! Perfekt! Ich liebe meine neues buntes, kleines Schwarzes !

O-Antiphone

Bei uns in der Stadt, in der katholischen Gemeinde, gibt es seit einigen Jahren in der Vorweihnachtszeit eine sehr schöne, eigentlich schon sehr alte Tradition aus dem 7/8 Jahrhundert. In den letzten sieben Tagen vor Weihnachten steigt die Erwartung auf das Kommen des Messias. In den Gebetsanrufen, den O-Antiphonen bittet die Gemeinde in der nur mit Kerzen, festlich erleuchtetet Kirche: “Komm und zeige uns den Weg… ” Es sind Wechselgesänge ohne Orgel, die einen meditativen Charakter haben und mich zur Ruhe kommen lassen. Wunderbar!

Im Anschluß machen wir uns auch auf den Weg. So wie die Menschen vor zweitausend Jahren und wie so viele Menschen, die jetzt ihre Heimat verlieren und auf der Flucht sind. Einige der Gottesdienstbesucher waren zu einem Umtrunk bei Freunden eingeladen. Der Weg war nicht weit. Es waren nur ein paar hundert Meter Luftlinie von der Kirche aus. Aber es war dunkel, kalt, windig und nass. Aber wir wurden etwartet. Das gastliche Haus war hell erleuchtet und wir traten ein. Es roch nach Kamin, Nelken, Zimt, Lebkuchen und Punsch – nein, es roch nach “Willkommen”! Was für ein wunderbares Gefühl, durchgefroren und ein bisschen müde einen warmen Raum zu betreten, umgeben von Menschen, die einem wohlgesonnen sind.

Unwillkürlich fragte ich mich, wie es wohl vor zweitausend Jahren war – Zwei Menschen, verzweifelt auf der Suche nach “Herberge”, verbunden mit dem furchtbaren Gefühl nicht willkommen zu sein! Und wie vielen Menschen geht es gerade jetzt, ganz aktuell so?! Wo können sie Herberge finden? Wo ist eine offene Tür, wo sie jemand herzlich willkommen heißt? Wo eine warme Mahlzeit, ein warmes Feuer und Begegnung mit Menschen, die sie sehen und hören?!

Ich hatte schon nach ein paar hundert Metern das dringende Verlangen endlich anzukommen. Doch ich hatte die Gewissheit, dass ich erwartet werde und eine Tür weit offen für mich ist. Und ich wusste – ich finde eine gastliche Herberge.

Es war ein wundervoller Abend, umgeben von herzlichen Gastgebern, freundlichen Menschen, Lachen und Frohsinn und guter, tiefer Gespräche. Was für ein Geschenk.

Herberge – ankommen – willkommen sein. Das nahm ich als “guten Geist der Weihnacht” aus den Gesängen und den Begegnungen in dem gastlichen Haus, welches mir eine kleine Zeit Herberge bot, mit.

Abflug

Vor ein paar Tagen begleitete ich Jemanden zum Flughafen – zu einem relativ kleinen, regionalen Flughafen. Ich hatte ein Navi und war auch schon ein paar mal dort und üblicherweise sind Flughäfen ja auch immer an der Autobahn gut ausgeschildert. Trotzdem fuhren wir pünktlich los, so das wir eine gute Stunde Zeitpuffer hatten und ggf. noch einen Kaffee trinken konnten. Ich nahm die richtige Autobahnabfahrt und sah nach einigen hundert Metern schon ein Flugzeug relativ nah…. – gefühlt sehr nah und tief – die Landebahn anfliegen. Unwillkürlich musste ich an “Rudolph the red nosed reindeer” und den Weihnachtsmann denken. Fehler! Vor lauter Weihnachtsdusseligkeit verpasste ich die Abzweigung zum Flughafengelände und fand mich auf der Autobahn wieder.

Nun ist es ja ziemlich unklug auf der Autobahn zu wenden! Und so musste ich die nächste Ausfahrt nehmen, die ich aber nicht nahm, da die blöde Navi-Quatsche mir einen anderen Weg vorschlug…. Um die Geschichte abzukürzen…. denn den Weg könnte ich definitiv nicht abkürzen… Ich fuhr um die ganze Stadt herum und landete 30 min später wieder an der Stelle wo ich mich in Weihnachtsträumereien verloren hatte. Es gelang mir dieses Mal die richtige Abzweigung zu nehmen, einen Platz im Parkhaus zu ergattern und “just in time” in der Abflughalle zu sein. Jetzt war natürlich keine Zeit mehr einen Kaffee mit meiner Begleitung zu trinken. Ich verabschiedete ihn zügig und entschloß mich, dann eben alleine einen Kaffee in der Flughafenhalle zu trinken.

Es war, wie gesagt ein kleiner Regionalflughafen. Dennoch hörte ich diverse Fremdsprachen und ich genoß meinen Latte in aller Ruhe und beobachtete das Treiben um mich herum. Ich kam nicht umhin, mich zu fragen, was diese Menschen wohl für ein Ziel hatten. Woher sie kamen oder wohin sie wollten. Verschiedene Ziele waren an der Abflugtafel angeschlagen und Einige davon konnte ich mir auf Anhieb auch gut vorstellen.

Ich musste grinsen und an meine Unfähigkeit die richtige Abfahrt zu nehmen, denken. Ist es nicht eigentlich egal wo wir abbiegen oder hinfliegen? IRGENDWO kommen wir doch auf jedem Fall an. Ob sich das immer so mit unseren ursprünglichen Plänen deckt, ist natürlich eine andere Frage.

Ich genieße in meiner jetzigen Lebenssituation das Privileg, nicht all zu viele Verpflichtungen zu haben und relativ frei über meine Zeit verfügen zu können. Das macht es aber nicht immer leichter, das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Wegweiser, Anzeigetafeln und ein Navi gibt es für das Leben ja nur eingeschränkt. Und selbst wenn…. Es muss uns dann ja auch gelingen, rechtzeitig abzubiegen oder in das richtige Flugzeug zu steigen – in der begründeten Hoffnung, dass der Pilot/Fahrer das Ziel finden wird.