Meinungsbildung

… “bild dir deinen Meinung” titelt eine allgemein bekannte Boullevard-Zeitung. Bei Facebook las ich kürzlich ein Statment, worin sich jemand über die “Verengelung” auf Friedhöfen aufregte. Er meinte damit, dass auf vielen Gräbern Putten oder Kunststoff-Engel gestellt würden und wie schrecklich das aussieht….

Natürlich liegt Schönheit, Anmut und Geschmack immer im Auge des Betrachters. Und ich habe auch meinen persönlichen Stil, was Kleidung und besonders Schuhe angeht. Natürlich gefällt mir lange nicht alles, was ich sehe oder was andere tragen. Muss es ja auch nicht!

Zugegebenermaßen bin ich oftmals wenig zurückhaltend mit meiner Meinung… wie man ja sehr deutlich auf den Blogseiten nachlesen kann. Ich habe dauernd und ständig zu irgendetwas eine Meinung. Und tue sie kund. Ungefragt.

Was berechtigt mich dazu??? Ich habe versucht meinem Sohn beizubringen, dass man sich im Leben positionieren muss. Stellung beziehen und halten, wenn es angebracht ist. Aber auch mal revidieren und sich eines Besseren belehren lassen. An der Uni und im Berufsalltag, in der Diskussion mit Freunden und in Vereinen oder Ehrenamt erwartet “man” eine Stellungnahme zu bestimmten Sachverhalten.

Dann sehe ich auf die Zeitschriften, wo jede noch so kleine Regung von Promis kommentiert und mit einer Meinung, wiedergegeben wird. Ich sehe in den “sozialen Medien” (komische Wortschöpfung, denn sozial geht es dort ja nicht immer unbedingt zu) Meinungen, die mich erschaudern lassen. Wer oder was berechtigt dazu, die Art der Trauer von womöglich Fremden zu kommentieren, zu bewerten und seinen “Senf” dazu abzugeben?

Ich tue gerade nichts anderes! Ich gebe ebenfalls meinen “Senf” zu bestimmten Themen ab. Sollte ich meinen Blog einstellen, um mich nicht in die Reihen derer zu begeben, die zu allem eine Meinung haben? Oder ist es eher eine Frage des Wohlwollens? Es ist ja in keinster Weise verboten, eine positive Meinung zu haben, oder seine Meinung so zu formulieren, dass auch andere Statements ihren Raum finden.

Wenn ich meine Blogs Revue passieren lasse, habe ich mich genau darum bemüht. In Arbeitszeugnissen bedeute “war bemüht” nichts Gutes! Also nochmal: Ich habe bisher versucht zu bestimmten Dingen Position zu beziehen, ohne dabei dogmatisch erscheinen zu wollen.

Und ja, es ist nicht grundsätzlich falsch, eine Meinung zu haben und diese auch nachdrücklich zu vertreten. Sonst hätten wohl noch mehr Diktatoren uneingeschränkt schlimme Dinge tun können. Und manchmal erfordert es sogar sehr viel Mut, seine Meinug zu sagen und stand zu halten. Mir fällt da als erstes Bonhoeffer ein, aber die Liste wäre lang, wenn ich all jene starken Meinungsvertreter nennen würde, die Gutes mit ihrer Meinung getan haben.

Fazit: Warum gebe ich schon wieder meine Meinung zum Besten? Weil ich es wichtig finde, sich bewust zu sein, was Meinungen bewirken können, sowohl im Negativen als auch im Positiven. Und sich bewust zu sein, wann es besser ist seine Meinung kund zu tun, oder einfach auch mal etwas unkommentiert auf sich beruhen zu lassen.

Friseur-Theater

Am Wochenende war ich beim Friseur und im Theater. Beides gleichzeitig. “StückWerk Bremen e.V” inszenierte “bash – stücke der letzten tage” von Neil LaBute in einer mir sehr vertrauten Lokation. “Mex Coiffeur”, so heißt das Friseurgeschäft unseres Freundes Andreas in Bremen. Ich bin dort in regelmäßigen Abständen – natürlich zum Haare schneiden. Das Ladenlokal wurde an diesem Abend zur Bühne.

Es waren etwa 60 Zuschauer da und einer der Protagonisten, Christian Bergmann, hielt zu Beginn, untypisch für eine Theateraufführung, eine kleine Begrüßungsansprache. Er verkündete, dass er und seine Truppe sehr gespannt wären, da die “natürliche Grenze” zwischen Bühne und Zuschauern aufgehoben sei.

In der Tat war der Kontakt sehr “dicht”, denn ich konnte den Schauspielern direkt in die Augen sehen. Sie saßen auf Stühlen, auf denen ich auch schon gesessen habe, und sie stellten Menschen dar, die man durchaus mal auf dem Friseurstuhl neben sich haben könnte… Durch die Intenstät der Geschichte, die brilliant von den Protagonisten dargeboten wurde, war das Stück sehr verstörend und ich denke, dass sich der Magie des Stückes keiner der Zuschauer entziehen konnte.

In dem Stück von Neil LaBute geht es um drei Menschen, die eher “zufällig und mit einem eher dürftigen Motiv”, so schreibt die FAZ über das Stück, einen Mord begehen.

Die drei Schauspieler von StückWerk (Frank Auerbach, Christian Bergmann und Kathrin Steinweg) spielten, bzw. waren für die Zeit der Aufführung diese ganz normalen, nicht unbedingt auf den ersten Blick sympathischen, aber doch authentischen Figuren. Die unmittelbare Nähe zur “Bühne”, in die das Publikum ja mehr oder weniger integriert war, ließ jede noch so kleine Regung im Gesicht und in den Augen der Darsteller sichtbar werden.

Im Anschluss gab es noch einen kleinen Sektempfang, in dem ich kurz die Gelegenheit hatte mit Frank Auerbach zu sprechen um ihn fragen zu können, wie man denn in so eine Rolle hinein – und wichtiger noch – auch wieder heraus kommt. Und ob man die Rolle “träumt”…

“Ja,” bestätigte er. “Wir träumen davon und das sind meistens nicht so gute Träume. Aber in dem wir uns das zumuten, schöpfen wir Kraft, diese Geschichten auch dem Publikum zu zumuten.” Der Ausstieg aus den Geschichten sei nicht ohne, aber Gespräche mit dem Publikum nach der Vorstellung würden helfen.

Bei der Rollen-Findung müssten sie (die Schauspieler) soweit gehen, dass sie nicht mehr sagen, wir “spielen” jetzt diese Figur, sondern wir SIND die Figur. Damit muss man die Geschichte sehr an sich herankommen lassen und das bleibt nicht spurlos. In der Probenzeit haben sie sich sehr mit sich und ihrem Leben beschäftigt, um hinter die Geschichte zu kommen.

Diese Aussagen habe ich sofort geglaubt, denn in ihrem Spiel konnte ich sehen: Sie WAREN die Figuren, und genau das machte das Stück so erschreckend real und nah.

Eine großartige Vorstellung, die mir einen Einblick in die Abgründe von menschlichen Seelen erlaubte, der sowohl verstörend als auch begeisternd war! Hoffentlich gibt es eine Wiederholung!

Leergut

Es gibt Tage, da sollte man/frau einfach im Bett bleiben. Heute war so ein Tag. Er begann mit verschlafen. Das war eigentlich nicht ganz so schlimm, denn ich hatte noch genügend Zeitpuffer. Das Lästige beim Verschlafen ist allerdings, dass man erstens seine gewohnte Morgenroutine etwas schneller durchführen muss und man zweitens auf ein “Getümmel” im Bad stößt, da ja auch andere Menschen Termine haben.

Um diesem Getümmel zu entgehen, griff ich mir meine Box mit diversen Schminkutensilien und verzog mich ins Gäste-Bad. In dieser Stiftebox befinden sich annähernd 40 Stifte. Lippenkonturstifte, Kajastifte in verschiedenen Farben, Augenbrauenstifte, Eyliner, verschiedene Bürstchen, Pinsel und was “Frau” eben so braucht…

Da der Platz im Gäste-WC begrentzt ist, stellte ich die Stifte-Box auf der Fliesenablage oberhalb des WC’s ab. Wie sich herausstellte, aber nicht ganz sachgerecht. Denn noch in der Drehung zum Spiegel hörte ich Gepolter und die Box stürzte von der Ablage. Nun hatte wohl jemand – die “Spurensicherung” konnte leider nicht mehr ermitteln, wer – den Klodeckel oben gelassen.

Ein Unding, finde ich! Das hatte natürlich zur Folge, das meine vollständige Sammlung von Stiften klimpernd in der, im wahrsten Sinne des Wortes, “Senkgrube”, verschwand. Nicht ein Teil blieb verschont und ich sah den Stiften völlig hilflos beim Ertrinken zu.

Sie versanken nicht komplett, dafür waren es einfach zu viele. Und mir war sehr schnell klar, das es keine Rettung gab. Ich unterdrückte gerade noch rechtzeitig den Impuls, einfach auf die Spühlung zu drücken. Es war offensichtlich – die Wasserleichen mussten geborgen werden. Also griff ich beherzt zu. Selbstverständlich habe ich eine große Außwahl an wasserdichten Einmal-Handschuhen…

Die triefenden Opfer landeten auf dem direkten Weg in der Tonne und ich auf dem Sofa, wo ich mich vor lachen ausschütteln musste.

Der nächste Weg führte mich – wie kann es anders sein, zu dem hiesigen Drogeriemarkt meines Vertauens. Die gähnende Leere meiner Stiftebox musste auf jedem Fall wieder befüllt werden. Leider wusste ich, bedingt durch die Vielzahl der Farben, die sich im Laufe de Zeit angesammelt hatten (ich wollte die Box schon immer mal aufräumen…) gar nicht mehr, welche Stifte jetzt eigentlich ersetzt werden mussten. So verließ ich besagten Drogeriemarkt mit der überschaubaren Menge von 9 neuen Stiften, einem Bürstchen, einem Lidschattenpinsel und einem etwas größerem Rouge-Pinsel. Sie alle zogen in die grundgereinigte blaue Stifte Box.

Was lernen wir daraus? Ich befürchte: GAR NICHTS! Denn binnen kürzester Zeit wird die Anzahl der Stifte exponetiell ansteigen und mit absoluter Sicherheit werde ich mal wieder verschlafen und irgend jemand wird auch wieder den Klodeckel oben lassen!