Entschleunigung

Ich weiß – dieser Ausdruck wird sehr inflationär benutzt – und jetzt kommt auch schon mein “aber”… Aber was kann einem bei diesem Foto schon anderes einfallen und man sollte sich den Ausdruck mal auf der Zunge zergehen lassen. Wann hat wohl das letzte mal jemand auf dieser Bank gesessen?

Ich gehöre ja nun wirklich zu den beschenkten Menschen, die relativ frei über ihre Zeit verfügen können. Dennoch gelingt es mir nicht immer all das an einem Tag unter zu bringen, was ich mir vornehme. Woran liegt’s? Schlechtes Zeit-Management? (Was für ein dummes Wort! Als ob man Zeit “managen” könnte!) Fehlender Überblick? Zu viel vorgenommen? Oder, wie mein Sohn sagen würde: Einfach verpeilt?

Nein, ich glaube nicht. Jeder kennt dieses Gefühl – das, wenn es gut läuft, die Zeit wie im Flug verrinnt und wenn es schwierig ist, steht (gefühlt) die Zeit still. Und wie schwer fällt es, gerade dann, wenn man “very busy” ist mal inne zu halten, still zu sein und zur Ruhe zu kommen.

Ich persönlich hasse Unpünktlichkeit. Das ist der Grund, warum ich fast immer viel zu früh los fahre und dann oft zu früh am vereinbarten Ort ankomme. Das verschafft mir Zeit. Nämlich um wirklich an zu kommen. Ich kann mir in Ruhe eine Platz suchen und beobachten und mich auf das, was mich erwartet einstellen. Mir hilft das.

Schwierig ist es natürlich, wenn andere ein anderes “Zeit-Verständnis” haben als ich… naja, ich versuche mich dann in Toleranz zu üben…

Zurück zur Entschleunigung: Wieso entschleunige ich mich nicht selber? Den Stress, den ich mir mache, immer überpünktlich zu sein… oder all das zu schaffen, was ich mir in meinen Tag packe… Als ich die überwachsene Bank und den Tisch mit dem Efeu sah (mal wieder in meinem geliebten Franken), kam mir ein modernes Kirchenlied in den Sinn: “Meine Zeit steht in deinen Händen, nun kann ich ruhig sein, ruhig sein in Dir…”

Wenn das keinen Aufforderung zur Entschleunigung ist…

Nachbarin

Ich glaube, jeder hatte oder hat noch immer so eine Nachbarin, wie ich sie in den unterschiedlich “schlimmen” Varianten kennengelernt habe. Meistens ältere Damen, die den Treppenabsatz mit Scheußlichkeiten wie auf dem Bild – Trocken-/Plastikblumen in 70ziger Jahre Vase – dekorieren. Und die immer dann “zufällig” die Tür aufreißen, wenn man möglichst leise vorbeischleicht.

Und dann wird man verbal gefangen genommen, denn man kann einfach nicht weiter gehen, ohne extrem unhöflich zu wirken…. Und wer will das schon. Wenn es gut läuft, muss man sich nur die aktuelle Krankengeschichte anhören. Wenn es schlecht läuft wird man “erzogen” , damit man auch in das ehrenwerte Haus passt.

“Die Treppe war gestern naß!”

“Ja, ich habe sie ja auch gewischt, weil ich mit der Hausordnung dran war.”

“Dann muss man sie trocken reiben, sonst fällt noch einer!”

“Ich habe das Fenster geöffnet, es sind draußen 30 Grad. Die Treppe war in einer Minute trocken.”

Oder noch besser sind Sätze, die einfach so in der Luft hängen bleiben, auf die man nichts sagen kann, weil man fassungslos ist…. “Also…. iiiiich hänge meine Wäsche ja immer nach Farben sortiert auf! Dann geht es beim Zusammenlegen schneller und es sieht einfach ordentlicher aus!” Peng! Und schon fühle ich mich als hausfraulicher Vollversager. Denn natürlich hänge ich die Wäsche so auf, wie sie mir in die Finger kommt.

Oder man wird auf der Treppe ins Kreuzverhör genommen: “Ich habe ihren Mann schon langen nicht gesehen…??? Arbeitet er jetzt wohl woanders???” Gerne würde sie auch den aktuellen Verdienstnachweis oder einen Kontoauszug sehen.

Oder auch immer wieder gerne genommen: Das Ablästern über andere Mitbewohner, bevorzugt junge, unverheiratet Paare, Studenten oder Bewohner mit Migrationshintergrund. Oder normale “Mieter”, denn die Nachbarin ist selbstverständlich Eigentümerin ihrer Wohnung, was sie automatische zur ungekrönten Königin des Hauses macht.

Aber  zum Glück gibt es auch ganz tolle Nachbarinnen. Solche, die für einen den Mülleimer rausstellen, falls man mal nicht da ist oder einem ein paar Stücke Torte vom Kindergeburtstag vor die Terassentür stellen. So eine Nachbarin habe ich auch. Sie hat eine entzückende 3-jährige Tochter und ist einfach nur nett! Wunderbar, dass man manchmal eben einfach Glück mit der Nachbarin hat.

Begegnungen

Wenn man bei dem “Schlagwort-Verzeichnis” in meinem Bolg schaut, ist das Wort “Begegnungen” besonders herausgehoben. Weil ich es oft verwende. Ich habe mir sehr gewünscht, meine geschenkte Zeit mit vielen guten Begegnungen füllen zu können. Und mein Wunsch wird jeden Tag auf’s Neue erfüllt.

Vor ein paar Tagen brachte mir ein guter Freund – er ist Priester, anlässlich einer Wohnungssegnung ein Bild aus Jerusalem mit. Darauf sind zwei Frauen zu sehen – ein Bild zu der Geschichte von dem Besuch Marias bei Elisabeth. Darum ging es bei der Wohnungssegnung. Sofort hatte ich das Bild von dem Treffen mit der Freundin vor Augen (siehe letzter Blogeintrag).

Begegnung findet oft in unseren Häusern und Wohnungen statt, aber auch am Arbeitsplatz, in der Freizeit oder in Vereinen und im Freundeskreis. Begegnung ist für mich mehr als sich “nur” zu treffen. Es ist viel mehr ein gegenseitiges wahrnehmen und erkennen – ein achten und wertschätzen. D. h. nicht, dass ich alles gut finden muss, was gesagt oder getan wird,  aber es hat für mich mit Respekt zu tun.

Einen Tag später hatte ich eine weitere denkwürdige Begegnung. Ich hatte die Gelegenheit mit Erzbischof Zolitsch an einer gemeinsamen Messe mit nur 8 Personen teilzunehmen. Ich bin noch nie einem “Promi” so nahe gewesen und schon gar nicht einem so hohen kirchlichen Würdenträger. Auch diese Begegnung war besonders. Denn mir begegnete ein Mensch. Nicht mehr, aber auch nicht weniger! Ich hatte Respekt, aber er lächelte, krauste zwischendurch mal die Nase, wünschte eine gesegnete Zeit und fuhr sich mit der Hand durch die Haare – ganz normal eben! Eine denkwürdige Begegnung, die mich lehrte, dass jeder Mensch besonders ist, aber immer auch ein ganz “normaler” Mensch bleibt, egal ob man sich 15 Jahre nicht gesehen hat oder ein hohes Amt bekleidet.

Die Begegnung mit meiner Freundin war besonders, die Begegnung mit meinem Freund war besonders, die Begegnung in der Messe war besonders – jede auf ihre Weise. Unterschiedliche Menschen, unterschiedliche Geschichten, unterschiedliche Anlässe. Und dennoch haben sie eines gemeinsam. Sie haben mich reicher gemacht.